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Die digitale Revolution? Wie chinesische Plattformen den E-Commerce neu definieren

Katrin Grieser
Katrin Grieser
14. Nov. 2024
Chinesischer E-Commerce und Plattformen

China hat eine bemerkenswerte und fast beispiellose digitale Transformation durchlaufen, die das Land in den vergangenen 30 Jahren an die Spitze der weltweiten E-Commerce-Landschaft katapultiert hat. Mit einer Bevölkerung von über 1,4 Milliarden Menschen und einer rasant wachsenden Mittelschicht, hat China einen fruchtbaren Boden für innovative digitale Lösungen und Geschäftsmodelle geschaffen. Diese scheinen ihrer Zeit und den westlichen Märkten immer einen Schritt voraus zu sein. Im Zentrum dieses Siegeszugs: chinesische E-Commerce Plattformen und Marktplätze, die längst nicht mehr nur den heimischen Markt dominieren, sondern auch zunehmend Einfluss auf den westlichen E-Commerce ausüben. 

Die Giganten der chinesischen E-Commerce Plattformen 

Doch was zeichnet die chinesischen (Plattform-)Giganten des Onlinehandels aus? Was bedeutet ihr rasanter Aufstieg für den globalen E-Commerce? Und wo können sich westliche Player noch eine Scheibe abschneiden?

Alibaba: Die Allrounder-Plattform

An der Spitze des chinesischen E-Commerce-Ökosystems thront Alibaba. Das Konglomerat, hat sich seit seiner Gründung 1999 zu weit mehr als nur einer B2B-Handelsplattform entwickelt. 2023 kam der Riese mit Sitz in Hangzhou auf einen Marktanteil von fast 42 Prozent. Mit seinen verschiedenen Tochterunternehmen deckt Alibaba nahezu jeden Aspekt des digitalen Handels ab:

  • Taobao: Der größte C2C-Marktplatz Chinas, vergleichbar mit eBay, aber mit einem deutlich größeren Fokus auf soziale Interaktionen und Live-Streaming.
  • Tmall: Die B2C-Plattform für etablierte Marken, sowohl chinesische als auch internationale.
  • AliExpress: Alibabas Antwort für den globalen Markt, die chinesische HändlerInnen mit internationalen KundInnen verbindet.

Alibabas Erfolg basiert dabei auch auf der nahtlosen Integration verschiedener Dienste und Dienstleistungen. Von Zahlungsabwicklung (Alipay) über IT-Lösungen (Alibaba Cloud) bis hin zu Logistik (Cainiao) ein ganzheitliches Ökosystem, von dem sowohl HändlerInnen als auch KundInnen profitieren.

JD.com: Der Logistik-Meister

JD.com, oder Jingdong, wurde bereits 1998 gegründet und hat sich als direkter Konkurrent zu Alibaba etabliert – mit einem besonderen Fokus auf Qualität und Authentizität. Anders als Alibaba, das vor allem eine Plattform für Drittanbieter offeriert, ist JD.com selbst Anbieter vieler Produkte. Was JD.com zudem auszeichnet, ist seine hochentwickelte Logistikinfrastruktur:

  • Eigenes Lagernetzwerk: JD.com betreibt ein landesweites Netz von Lagerhäusern und Verteilzentren - hochautomatisiert mit Robotern.
  • Innovative Liefermethoden: Von Drohnen bis hin zu autonomen Fahrzeugen testet JD.com ständig neue Wege, um die "letzte Meile" zu optimieren.

Dieser Fokus auf Logistik hat JD.com zu einem bevorzugten Partner für viele internationale Marken gemacht, die Wert auf schnelle und zuverlässige Lieferung legen. Im Hinblick auf Marktanteile in China liegt JD.com mit 17,8 Prozent auf Platz zwei hinter Alibaba.

Pinduoduo: Der soziale Disruptor unter den chinesischen E-Commerce Plattformen

Als jüngster Player unter den großen E-Commerce-Plattformen hat Pinduoduo, 2015 gegründet, den Markt mit seinem innovativen "Team Purchase"-Modell und seinem Fokus auf Social Commerce aufgemischt:

  • Gruppenrabatte: KundInnen können sich zusammenschließen, um größere Mengen zu kaufen und so von Rabatten zu profitieren.
  • Gamification: Die App integriert spielerische Elemente, die das Einkaufserlebnis unterhaltsamer gestalten.

Pinduoduos Erfolg, insbesondere in kleineren Städten und ländlichen Gebieten, zeigt, wie wichtig es ist, lokale Konsumgewohnheiten und soziale Dynamiken zu verstehen und in das Geschäftsmodell zu integrieren.

Obwohl die chinesische E-Commerce Plattform noch sehr jung ist, hatte Pindoudou zuletzt einen Marktanteil von 17,3 Prozent in China - Tendenz stark steigend. Pinduoduo ist übrigens eine Tochter der PDD Holdings Inc., einer Handelsgruppe mit offiziellem Sitz in Dublin, die durch ein weiteres Plattformprodukt für viel Aufsehen im Onlinehandel sorgt: Temu.

Temu: Der Shooting Star

Temu hat den E-Commerce gehörig aufgemischt. Die Plattform stößt in westlichen Märkten auf viel Begeisterung - Abmahnungen durch den Verbraucherschutz und einem jüngst durch die EU-Kommission eröffneten Verfahren zum Trotz. Das Unternehmen verfolgt einen innovativen Ansatz, um KundInnen weltweit anzusprechen. Anders als traditionelle E-Commerce-Giganten setzt Temu nicht nur stark auf beinahe absurd günstige Preise, sondern auch auf Social Shopping und Gamification.

  • Social Commerce: Temu fördert den sozialen Austausch und Gruppenrabatte, wodurch Käufer durch Empfehlungen und gemeinschaftliches Einkaufen noch günstigere Angebote erhalten.
  • Preisführerschaft: Mit einem Fokus auf preisbewusste KundInnen bietet Temu ein breites Sortiment an Produkten zu extrem wettbewerbsfähigen Preisen – von Mode und Elektronik bis hin zu Haushaltswaren.
  • Internationale Expansion: Obwohl Temu ursprünglich für den US-Markt konzipiert wurde, hat das Unternehmen mittlerweile weltweit expandiert und spricht ein breites Publikum an.

Die Strategie geht auf: Die Download-Zahlen der Temu App sowie die Visits auf der Website steigen immer weiter. Von ca. 440.000 Downloads im September 2022 ging es im März 2023 schon auf über 30 Millionen monatliche Downloads.

Eine der beliebtesten Keynotes auf der K5 2024: Ed Sanders Talk zum Thema "Demystifying Temu"!

Die Keynote ist vollgepackt mit Insights über den Hintergrund von Temu und sein Business Modell - und warum wir uns im Westen durchaus berechtigte Sorgen über den kometenhaften Aufstieg von Temu machen sollten.

Temus Erfolg basiert auf einer Kombination aus günstigen Preisen, einer ausgefeilten Logistik und der Nutzung von Pinduoduos Know-how im Social-Commerce-Bereich. Damit positioniert sich Temu als flexibles, globales Einkaufsziel, das die wachsende Nachfrage nach erschwinglichen Produkten und einem sozialen Einkaufserlebnis bedient.

SHEIN: Der Fast-Fashion Gigant

SHEIN wurde 2008 in China gegründet - ursprünglich als Plattform für Hochzeitskleider. Das Modell wurde aber schnell erweitert und Shein zum Exportschlager Chinas. Mittlerweile hat das Unternehmen seinen Sitz in Singapur. Der Fast-Fashion-Riese hat den globalen Modemarkt ordentlich durchgerüttelt und hat mittlerweile eine enorme Reichweite, weit über den asiatischen Raum hinaus.

Auch die SHEIN-App zählt mittlerweile zu den am häufigsten heruntergeladenen Shopping-Apps weltweit.

Was SHEIN besonders macht, ist seine datengetriebene Produktion: Mittels KI und Datenanalyse erkennt der Fast-Fashion Gigant aufkommende Modetrends blitzschnell und bringt neue Designs innerhalb weniger Tage auf den Markt. So kann das Unternehmen ständig wechselnde Kollektionen zu extrem niedrigen Preisen anbieten.

Ihr möchtet mehr über Shein und sein Business Model erfahren? Dann schaut euch den Talk von Christina Fontana (Senior Director Brand Operations EMEA bei SHEIN) an, den sie auf der K5 2024 gehalten hat.

SHEIN setzt zudem auf direkte Vertriebswege ohne Zwischenhändler. So erreicht es besonders die junge Zielgruppe, die Mode zu günstigsten Preisen bevorzugt. Trotz Kritik an Umweltbelastungen und schlechten Arbeitsbedingungen, gilt SHEIN als Vorreiter eines neuen E-Commerce-Modells, das Agilität, Effizienz und eine enorme Produktvielfalt kombiniert.

Charakteristika des chinesischen E-Commerce

Social Commerce: Mehr als nur Kaufen und Verkaufen

In China verschwimmen die Grenzen zwischen E-Commerce und sozialen Medien zunehmend. Plattformen und sogenannte Super-Apps wie WeChat haben den Begriff "Social Commerce" neu definiert:

  • Mini-Programme: Kleine Apps innerhalb der WeChat-Umgebung ermöglichen es Marken, direkt mit KundInnen zu interagieren und Transaktionen abzuwickeln.
  • Influencer Marketing: KOLs (Key Opinion Leaders) spielen eine zentrale Rolle bei der Produktvermarktung und -empfehlung.

Diese Integration von sozialen Interaktionen und Handel schafft ein immersives Einkaufserlebnis, das weit über den reinen Transaktionsaspekt hinausgehen.

Live-Shopping: Das digitale Schaufenster auf chinesischen Plattformen

Live-Shopping hat im E-Commerce in China eine neue Dimension erreicht. Plattformen wie Taobao Live und Douyin (TikTok in China) haben das Format perfektioniert:

  • Interaktive Produktdemonstrationen: InfluencerInnen und MarkenvertreterInnen präsentieren Produkte in Echtzeit und beantworten Fragen der Zuschauer.
  • Exklusive Angebote: Während der Shopping-Live-Streams werden häufig zeitlich begrenzte Rabatte und Sonderaktionen angeboten.

Diese Form des "Infotainment" hat sich, als Weiterentwicklung des berühmt-berüchtigten Teleshoppings als äußerst effektiv erwiesen, um das Engagement der KundInnen und Verkäufe zu steigern.

Mobile-First: Das Smartphone als Zentrum des digitalen Lebens

In China ist das Smartphone nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern das zentrale Tool für nahezu alle Aspekte des täglichen Lebens:

  • Super-Apps: Plattformen wie WeChat und Alipay bieten eine Vielzahl von Diensten, von Messaging über Zahlungen bis hin zu Behördengängen.
  • QR-Codes: Weit verbreitet für Zahlungen, Informationsaustausch und Marketing.

Diese mobile Zentrierung hat zu hochoptimierten und benutzerfreundlichen App-Erfahrungen geführt, die westliche Pendants oft in den Schatten stellen.

Der Einfluss chinesischer E-Commerce Plattformen auf den westlichen Markt

Chinesische E-Commerce-Giganten haben sich längst auf den Weg gemacht, ihre Reichweite über die eigenen Landesgrenzen hinaus auszuweiten und westliche Märkte zu erobern. Mit dem strategischen Fokus auf Innovation und preisgünstige Produkte setzen sie dabei neue Akzente und prägen Konsumgewohnheiten weltweit. Mit AliExpress und Temu gibt es bereits dediziert auf den US- und europäischen Markt zugeschnittene Pendants chinesischer Plattformen.

Diese Expansion chinesischer E-Commerce Plattformen bringt jedoch weit mehr als nur eine Fülle neuer Produkte auf westliche Märkte. Sie führt auch zur Einführung neuer Geschäftsmodelle und Technologien. Diese beeinflussen das Konsumverhalten nachhaltig und sind für westliche Unternehmen eine Herausforderung:

Technologische Innovationen der chinesischen E-Commerce Plattformen

Chinesische Plattformen sind häufig Vorreiter bei der Implementierung neuer Technologien, die das Einkaufserlebnis personalisierter, nahtloser und ansprechender gestalten.

  • KI und Big Data: Durch den Einsatz fortschrittlicher Algorithmen können chinesische Marktplätze und Plattformen detaillierte Kundendaten analysieren und für personalisierte Empfehlungen und optimierte Preisgestaltung nutzen. Anbieter können die Präferenzen und das Verhalten der KundInnen präzise antizipieren. So erstellen sie maßgeschneiderte Produktvorschläge und Rabatte, die die Conversion-Rate und Kundenzufriedenheit erhöhen.
  • Augmented Reality (AR): Durch AR bieten chinesische Plattformen virtuelle Anproben und Produktvisualisierungen. NutzerInnen können Produkte in Echtzeit „anprobieren“ oder in ihren eigenen Räumenvisualisieren.

Neue Konsumtrends

Der Erfolg chinesischer E-Commerce Plattformen hat auch im Westen das Kaufverhalten beeinflusst und neue Konsumtrends etabliert.

  • Fast Fashion: Durch ultraschnelle Produktzyklen, lancieren chinesische Plattformen ständig neue Kollektionen und werden so dem „immer-neu“-Bedürfnis vieler KonsumentInnen gerecht. Dieser Trend fordert westliche Unternehmen heraus, ihre Produktions- und Lieferketten ebenfalls zu beschleunigen und agiler zu gestalten.
  • Mikro-InfluencerInnen: In China setzen Plattformen verstärkt auf Mikro-InfluencerInnen, die eine kleine, aber hochengagierte und loyale Zielgruppe ansprechen. Diese Strategie gewinnt zunehmend auch auf westlichen Märkten an Bedeutung. Denn immer mehr Unternehmen erkennen, dass Mikro-InfluencerInnen als authentischer wahrgenommen werden und ein engeres Verhältnis zu ihren Followern haben.

Lessons Learned: Was der Westen von chinesischen Plattformen lernen kann

Handel und Unterhaltung als Traumpaar

Chinesische Plattformen haben gezeigt, dass E-Commerce weit mehr sein kann als eine rein funktionale Transaktion . Es kann ein interaktives und unterhaltsames Erlebnis sein (im Rahmen der Gesetzgebung versteht sich).

  • Gamification: Chinesische Plattformen integrieren Spielelemente in den Einkaufsprozess, durch die KonsumentInnen Punkte, Rabatte oder Belohnungen verdienen können. Diese Interaktionen erhöhen das Engagement und bieten den KäuferInnen ein abwechslungsreiches Erlebnis, das auf Features und Funktionen aus Mobile Games setzt.
  • Content-Commerce: Die Verschmelzung von Unterhaltungsinhalten und direkter Produktplatzierung erlaubt es den Plattformen, KundInnen auf unterhaltsame Weise an Produkte heranzuführen. Das prominenteste Beispiel hierfür ist Live-Shopping, das auch im Westen an Beliebtheit gewinnt und die moderne Nachfolge des Teleshoppings antritt.

Die Logistik von morgen

Ein weiterer wichtiger Bereich, in dem chinesische E-Commerce Plattformen neue Maßstäbe setzen, ist die Logistik.

  • Same-Day-Delivery: In vielen chinesischen Großstädten ist die taggleiche Lieferung bereits Standard – bei Lebensmitteln sind es sogar nur 30 Minuten, was die KundInnenerwartungen an die Liefergeschwindigkeit erhöht hat.
  • Innovative Lösungen: Automatisierte Lager- und Drohnenlieferungen sind Beispiele für die Technologien, die die Effizienz steigern und den Weg für schnellere und flexiblere Logistikprozesse ebnen. Westliche Unternehmen sollten in fortschrittliche Logistiklösungen zu investieren, um sowohl ihre Lieferzeiten als auch die Zufriedenheit zu verbessern. Denn gerade die Last Mile wird in ihrer Bedeutung oft sträflich unterschätzt.

Fokus auf Mobile-First

Die Dominanz mobiler Endgeräte (2023 belief sich die Internetnutzung über Mobiltelefone auf 99,8%) in China zeigt mehr als deutlich, wie wichtig eine optimierte mobile Erfahrung für das Konsumverhalten ist.

  • App-Ökosysteme: Chinesische Apps wie WeChat vereinen oft mehrere Dienstleistungen in einer einzigen Plattform, was den KundInnen ein nahtloses und vielseitiges Nutzungserlebnis bietet.
  • Mobile Zahlungen: Durch die Nutzung mobiler Zahlungslösungen wird der Kaufprozess vereinfacht. Das führt zu einer höheren Conversion-Rate und einer besseren KundInnenzufriedenheit.

Eine strategische Mobile-First-Orientierung könnte auch westlichen Unternehmen helfen, die zunehmend mobil orientierte und digital native Zielgruppe besser anzusprechen.

Einsatz von Social Commerce

Die enge Verzahnung von E-Commerce und sozialen Medien in China macht westlichen Märkten und Plattform-Playern deutlich, wie sehr Social Commerce die Kaufentscheidung beeinflussen kann.

  • Community Building: Durch Plattformen, die soziale Interaktionen und Handel miteinander verbinden, können Unternehmen eine starke, an das Unternehmen gebundene Community aufbauen.
  • User Generated Content: Die Integration von KundInnenbewertungen und -erfahrungen in den Verkaufsprozess stärkt die Authentizität und hilft anderen KundInnen bei der Entscheidungsfindung.

Durch die stärkere Integration sozialer Elemente lässt sich das Einkaufserlebnis auch in europäischen Märkten interaktiver und gemeinschaftsorientierter gestalten.

Flexibility might be the key

Chinesische Plattformen zeichnen sich auch durch ihre Fähigkeit aus, extrem schnell auf Marktveränderungen zu reagieren.

  • Rapid Prototyping: Die Fähigkeit, neue Funktionen schnell zu entwickeln und zu testen, fördert Innovation und erhöht die Flexibilität gegenüber Marktschwankungen.
  • Datengetriebene Entscheidungsfindung: Die Nutzung von Echtzeitdaten zur kontinuierlichen Optimierung von Produktangeboten und Prozessen ist ein weiterer Vorteil, der Agilität und Marktanpassungsfähigkeit fördert.

The age old formula: Flexibilität zahlt sich aus und kann sogar erfolgsentscheidend sein. Der digitale Handel ist schnell und seine TeilnehmerInnen müssen noch schneller sein.

Herausforderungen und Bedenken in Bezug auf chinesische Plattformen

Datenschutz und Privatsphäre

Chinesische Plattformen haben oft Zugriff auf umfangreiche Daten von NutzerInnen, stehen jedoch im Umgang mit diesen vor anderen Herausforderungen im Westen (obwohl auch China mit dem PIPL (Personal Information Protection Law) in Sachen Datenschutz 2021 nachgezogen hat):

  • DSGVO: Europäische Datenschutzrichtlinien wie die DSGVO schränken die Datenerhebung und -nutzung stark ein und erfordern eine höhere Transparenz - einschließlich detaillierter Einwilligungen und der Möglichkeit zur Datenlöschung. Das kann den schnellen und flexiblen Umgang mit Daten der NutzerInnen, wie ihn chinesische Plattformen gewohnt sind, erheblich verlangsamen.
  • Verbraucherskepsis: Gerade europäische KonsumentInnen sind oft vorsichtiger, wenn es um die Preisgabe persönlicher Daten geht. Sie stellen höhere Anforderungen an die Sicherheit und den Datenschutz und sind weniger bereit, ihre Daten ohne klare Nutzenversprechen zu teilen. Chinesische Plattformen müssen also nicht nur regulatorische Auflagen erfüllen, sondern auch das Vertrauen der VerbraucherInnen gewinnen.

Der kulturelle Kontext

Konsummuster, die in China erfolgreich sind, lassen sich nur in Ausnahmefällen eins zu eins auf westliche Märkte übertragen:

  • Konsumverhalten: Die Erwartungen und Vorlieben westlicher KonsumentInnen unterscheiden sich stark von denen der chinesischen VerbraucherInnen. Während in China ein starkes Augenmerk auf Rabatte, Schnäppchen und eine hohe Frequenz an Werbeaktionen gelegt wird, sind westliche KonsumentInnen oft eher an der Qualität der Produkte und einer transparenteren Preisgestaltung interessiert. Zudem spielt Nachhaltigkeit für viele europäische KundInnen eine größere Rolle als für chinesische. Westliche Märkte sind außerdem von einer gewissen Skepsis gegenüber zu aggressiven Verkaufsstrategien geprägt, die in China häufig sehr erfolgreich sind. 
  • Marketing-Ansätze: Marketingstrategien, die auf dem chinesischen Markt hervorragend funktionieren, können im Westen völlig anders wirken. Denn chinesische Plattformen setzen stark auf Influencer-Marketing und Celebrity-Endorsements, wobei die Reichweite und Popularität von InfluencerInnen eine noch größere Bedeutung haben als in vielen anderen Märkten. Darüber hinaus sind chinesische Marketingmaßnahmen häufig stärker auf visuelle Eindrücke und schnelle, emotionale Reaktionen ausgerichtet.

Regulatorische Hürden

Westliche Staaten prüfen den Eintritt neuer Akteure sorgfältig und stellen sehr hohe Anforderungen an den Daten- und Verbraucherschutz (der ein oder andere asiatische Player hat die Konsequenzen bereits zu spüren bekommen). Diese Herausforderungen umfassen eine Vielzahl komplexer und teils miteinander verflochtener Themen, die sowohl rechtlicher als auch geopolitischer Natur sind.

  • Sicherheitsbedenken: In den letzten Jahren ist die Sorge gewachsen, dass chinesische Unternehmen Daten sammeln könnten, die potenziell von staatlichen Stellen genutzt werden könnten. Das hat sowohl bei Regierungsorganen als auch VerbraucherInnen gleichermaßen Skepsis ausgelöst. Einige westliche Staaten haben deshalb strengere Maßnahmen für den Datenverkehr eingeführt und prüfen, welche Informationen durch internationale Plattformen gesammelt und verarbeitet werden.
  • Handelskonflikte: Geopolitische Spannungen führen ebenfalls dazu, dass regulatorische Hürden erhöht werden. Sie werden auf Ebene der Handelskonflikte oft von Zollbeschränkungen, Sanktionen oder politischen Restriktionen begleitet, was die regulatorischen Hürden für chinesische Unternehmen merklich erhöht.

Fazit

Die chinesischen Marktplätze und Plattformen haben den globalen E-Commerce-Sektor nachhaltig verändert. Ihre neuen Ansätze in Bereichen wie Social Commerce, Mobile-First-Strategien und Logistikoptimierung bieten nicht nur neue Strategien und wertvolle Lehren für westliche Unternehmen. Gleichzeitig stellen kulturelle Unterschiede, regulatorische Herausforderungen, Datenschutz- und Sicherheitsbedenken Hürden dar, die es für die chinesischen E-Commerce Plattformen in Europa und den USA zu nehmen gilt.

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