In einer Zeit, in der der E-Commerce von Algorithmen und KI-gesteuerten Empfehlungen dominiert wird, gewinnt ein scheinbar altmodisches Konzept wieder an Bedeutung: die Persönlichkeit hinter der Marke. Personal Branding, einst als Nischenthema gehandelt, hat sich zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg im Onlinehandel entwickelt. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Buzzword, und wie können Unternehmen es für sich nutzen?
"People want to buy from people", brachte es Caroline Renée Kroll, Gründerin der erfolgreichen Beauty-Brand Nø Cosmetics, auf der K5 2024 auf den Punkt. In einer Welt, in der VerbraucherInnen von einer Flut an Produkten und Marken überschwemmt werden, sehnen sie sich nach Authentizität und einer persönlichen Verbindung.
Personal Branding bietet genau das: Es verleiht der Marke ein Gesicht, eine Geschichte und damit eine Seele. Miriam Jacks, Gründerin von JACKS beauty line, hat diese Entwicklung früh erkannt und ihr Unternehmen von Anfang an um ihre Person herum aufgebaut: "Im Endeffekt funktioniert es, wenn man einen wirklichen persönlichen Kontakt aufbaut zu den Menschen, die kaufen."
Doch Personal Branding im E-Commerce bedeutet weit mehr, als nur das eigene Gesicht auf Produktverpackungen zu drucken und in eine Kamera zu halten. Es geht darum, eine kohärente Geschichte zu erzählen, Werte zu vermitteln und eine emotionale Bindung zu den KundInnen aufzubauen. Emma-Isadora Hagen, die als Business Creator Unternehmen bei ihrer Personal Branding Strategie berät und unterstützt, betont, dass die emotionale Bindung bei einer Konstante viel besser ist.
Diese Konstanz kann verschiedene Formen annehmen. Während einige Unternehmen wie JACKS beauty line stark auf die Gründerpersönlichkeit setzen, entwickeln andere Player wie Hugo Boss ganze Teams von "Corporate Influencern", die verschiedene Facetten der Marke repräsentieren.
Der Weg zum erfolgreichen Personal Brand ist jedoch nicht ohne Hindernisse. Miriam Jacks war durch ihre Position großem Druck ausgesetzt, wie sie auf der DEEP DIVE Stage der K5 2024 berichtet hat. Die ständige Präsenz in den sozialen Medien, die Notwendigkeit, immer neue Inhalte zu produzieren und die Gratwanderung zwischen Privatleben und öffentlicher Persona können zur Belastung werden.
Hinzu kommt die Herausforderung, die richtige Balance zwischen persönlicher Authentizität und professionellem Auftreten zu finden. Unternehmen müssen sorgfältig abwägen, wie sie MitarbeiterInnen in ihre Personal Branding Strategie einbinden, ohne arbeitsrechtliche und persönliche Grenzen zu überschreiten.
Während traditionelle Medien nach wie vor eine Rolle spielen, sind es vor allem die sozialen Plattformen, die das Personal Branding im E-Commerce prägen. Instagram und LinkedIn werden von ExpertInnen als die derzeit wichtigsten Kanäle identifiziert. Doch die Landschaft ist in ständiger Bewegung, und was heute funktioniert, kann morgen schon überholt sein.
Entscheidend ist daher nicht nur die Wahl der richtigen Plattformen, sondern vor allem die Fähigkeit, authentische und wertvolle Inhalte zu produzieren. Miriam Jacks setzt mit dem ‘Jacks Club’ bei Jacks beauty line daher viel auf Community Building. Diese und ähnliche Initiativen schaffen nicht nur Kundenbindung, sondern generieren auch wertvolles Feedback und Ideen für neue Produkte.
Was einst als Domäne von InfluencerInnen und Prominenten galt, ist heute für viele E-Commerce-Player zur Notwendigkeit geworden. Personal Branding hilft nicht nur bei der Kundengewinnung und -bindung, sondern kann auch unternehmensintern Wirkung entfalten. Corporate Influencer können das Employer Branding stärken, die interne Kommunikation verbessern und die Unternehmenskultur nach außen tragen.
Diese Entwicklung spiegelt einen grundlegenden Wandel in der Unternehmenskommunikation wider: Unternehmen erkennen zunehmend, dass authentische Stimmen aus den eigenen Reihen oft überzeugender wirken als klassische Botschaften in Stellenausschreibungen. MitarbeiterInnen, die als Corporate Influencer agieren, werden zu BotschafterInnen der Marke und können potenzielle KundInnen und potenzielle Talente auf einer persönlicheren Ebene ansprechen.
Darüber hinaus bietet Personal Branding im E-Commerce die Möglichkeit, sich in einem übersättigten Markt zu differenzieren. In einer Zeit, in der Produkte und Dienstleistungen schnell austauschbar wirken, kann die Persönlichkeit hinter einer Marke zum entscheidenden Kaufargument werden. Unternehmen, die es schaffen, ihre Werte und ihre Unternehmenskultur durch Personal Branding authentisch zu vermitteln, bauen eine nachhaltige emotionale Bindung zu ihren KundInnen auf, die weit über den reinen Produktnutzen hinausgeht.
Erfolgreiches Personal Branding im E-Commerce erfordert einen Balanceakt zwischen Authentizität und strategischer Planung. Es geht darum, die eigene Persönlichkeit oder die des Unternehmens so zu präsentieren, dass sie sowohl authentisch als auch attraktiv für die Zielgruppe ist. Das bedeutet, dass Unternehmen und Einzelpersonen sorgfältig abwägen müssen, welche Aspekte ihrer Persönlichkeit oder Unternehmenskultur sie in den Vordergrund stellen möchten. Dabei geht es nicht darum, ein perfektes Image zu kreieren, sondern vielmehr um die Entwicklung einer glaubwürdigen und konsistenten Markenidentität, die sowohl die Stärken als auch Einzigartigkeiten hervorhebt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Balance ist die Fähigkeit, professionell zu bleiben, während man persönlich und zugänglich erscheint. Das kann besonders herausfordernd sein, wenn es um den Umgang mit Kritik oder negativem Feedback geht. Erfolgreiches Personal Branding im E-Commerce versteht es, auch in schwierigen Situationen authentisch und professionell zu reagieren, ohne dabei die Persönlichkeit der Marke und der MarkenbotschafterInnen zu verleugnen.
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FIR #41 Miriam Jacks, JACKS Beauty line: Mit dem richtigen Fokus zum Erfolg
CT #195 Strumpfhose goes Statement - mit Larissa Schmid, CEO & Founder von saint sass
FIR #16 Dr. Kati Ernst & Kristine Zeller, ooia - mit Periodenunterwäsche gegen Tabus
Die Balance zwischen Authentizität und strategischer Planung erfordert zudem eine kontinuierliche Anpassung an sich verändernde Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse. Personal Branding ist kein statisches Konzept, sondern ein dynamischer Prozess, der ständige Reflexion und Weiterentwicklung erfordert. Unternehmen und Einzelpersonen müssen bereit sein, ihre Personal Branding Strategie regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um relevant und authentisch zu bleiben.
Für Unternehmen im E-Commerce-Bereich, die bisher noch zögerlich beim Thema Personal Branding waren, lautet die klare Botschaft: Es ist nie zu spät, anzufangen. Die Vorteile – von der stärkeren Kundenbindung bis hin zu wertvollen Netzwerken innerhalb der Branche – überwiegen die anfänglichen Hürden bei weitem.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt dabei nicht in der perfekten Inszenierung, sondern in der Bereitschaft, authentisch und transparent auf Kanälen zu sein, die eine oft künstliche wirkende Parallelwelt propagieren. In einem Umfeld, in dem Produkte immer austauschbarer werden, ist es letztlich die Persönlichkeit hinter der Marke, die den Unterschied macht. Personal Branding im E-Commerce ist daher weit mehr als ein vorübergehender Trend – es ist eine Notwendigkeit für alle, die in der digitalen Wirtschaft langfristig erfolgreich sein wollen.