E-Commerce hat von der Corona-Pandemie und den Schließungen im stationären Handel profitiert und war im Jahr 2020 der Wachstumstreiber schlechthin. Ein Jahr später ist es schon deutlich schwieriger gewesen, Wachstum zu generieren. Heute, im Jahr 2022, stehen E-Commerce-Händler*innen schließlich vor einer immensen Herausforderung: Wie können sie ihr Wachstum vor dem Hintergrund der vergangenen zwei Boomjahre steigern? Karo Junker de Neui, Managing Director der Digitalberatung Etribes, erklärt anhand von fünf Tipps, wie das möglich ist.
Grundsätzlich kann das Ziel, Wachstum im bestehenden Geschäft voranzutreiben, auf verschiedene Arten und Weisen geschehen. Letztlich wird auch nicht der eine Tipp die große Veränderung bringen. Es kommt am Ende vor allem auf die Kombination unterschiedlicher Faktoren an. Die fünf Stellschrauben, über die jede*r E-Commerce-Händler*in jedoch zumindest nachdenken kann und ggf. an der ein oder anderen Schraube drehen sollte, sind die folgenden:
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Etabliere ein gutes Customer-Relationship-Management
Gutes Customer-Relationship-Management ist das Fundament eines belastbaren Geschäftsmodells im E-Commerce. Erst recht vor dem Hintergrund steigender Klickpreise bei Google, Meta und Co.. Der zunehmende Datenschutz, der Ausschluss von Third-Party-Cookies in Browsern und nicht zuletzt Googles Ankündigung, Universal Analytics im Juli 2023 abzuschalten, machen den Job der Marketer*innen herausfordernder. Umso wichtiger ist es, dass einmal gewonnene Kund*innen auch Kund*innen bleiben und eine nachhaltige Beziehung aufgebaut wird, die sich im Customer Lifetime Value niederschlägt. Und das sogar ganz ohne Cookies, sondern auf Basis von z. B. Post-Login-Interaktionen, mithilfe derer dann zielgerichtete und personalisierte Aktivierungsmaßnahmen konzipiert werden können, die nachweislich erfolgreicher sind als z. B. Massen-Rabatte. Entsprechend legen Daten den Grundstock für ein gutes CRM. Mithilfe eines CRM-Tools können dann entsprechend Use Cases automatisiert werden, um Kund*innen langfristig zu binden.
Baue eine Organisationsstruktur, die Umsatzverantwortung integriert
Als ich Geschäftsführerin eines E-Commerce-Start-ups war, gab es eine Zeit, in der mich die tägliche gewonnene Anzahl an Neukund*innen um den Schlaf gebracht hat. Heute erlebe ich leider in vielen Organisationen das genaue Gegenteil: Weder Online-Marketing noch Shop-Teams haben Umsatzverantwortung; teilweise gibt es sogar gegensätzliche Zielvereinbarungen. Ich empfehle vielen Organisationen deshalb immer wieder Strukturen aufzubauen, in denen es eine klare Umsatzverantwortung gibt. Und weil nur gemanagt werden kann, was auch gemessen wird, braucht es entsprechende KPIs in den jeweiligen Teams mit Umsatzverantwortung – Traffic, Umsatz, Budgeteinsatz, Conversion Rate, Customer Acquisition Cost oder die Kosten-Umsatz-Relation wären beispielhafte KPIs. All diese KPIs sollten dann noch kanalspezifisch erfasst und ausgewertet werden, um wirkliche Insights aus den Daten zu generieren.
Professionalisiere Deine Marketing Operations
Unternehmen sollten aus gleich zwei Gründen ihre Marketing Operations professionalisieren. Zum einen, weil die Aufmerksamkeitsökonomie immer kürzere Zyklen von Content-Live-Gängen erfordert und es mehr Output bedarf. Zum anderen, weil Content Creator die Entwickler*innen von morgen und damit ein hohes Gut sind – und professionelle Marketing Operations ein besseres Arbeitsumfeld für sie schaffen. Der Grund: Content Creator sind enorm darauf fokussiert, guten Output zu generieren. Eine output-getriebene Marketingabteilung schafft demnach ein angenehmes Arbeitsklima für Content Creator. Dafür braucht es – ähnlich wie man es seit Jahren mit dem Begriff Devops propagiert, der auf eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Operations abzielt – eine saubere operative Struktur. Marketing Operations Management kann hier Abhilfe schaffen.

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Investiere in gute Content Creator
»Content ist King« ist ein Satz, der auf den Microsoft-Gründer Bill Gates zurückgeht. Was er 1996 damit bereits sehr treffend erfasst hat: Das Internet ist in erster Linie ein Marktplatz für Inhalte. Sind die Inhalte gut, finden Unternehmen Gehör und sprichwörtlich statt. Während früher vor allem Quantität statt Qualität zählte, gilt es heute nicht nur viel Content zu generieren, sondern darüber hinaus auch noch qualitativ hochwertigen Content, weil sich der Anspruch der Zielgruppen enorm erhöht hat. Die Sollbruchstelle für gute Inhalte sind die bereits angesprochenen und von Unternehmen händeringend gesuchten Content Creator. Um gute Content Creator zu bekommen, müssen Unternehmen ein Arbeitsumfeld schaffen, das Freiraum und Kreativität fördert. Konkret bedeutet das z. B. weniger CI-Vorgaben und Fortschritt statt Perfektion.
Die im Marketing vielfach angesprochene Test- & Learn-Mentalität ist erfolgskritisch, damit Content Creator die Freiheit haben, sich auszuprobieren und das Primat des perfekten Inhalts durch Vertestung und Verprobung mit der Zielgruppe abgelöst wird. Ein gutes und überraschendes Beispiel ist hier das Unternehmen REWE, das mit seinem Start auf TikTok innerhalb von wenigen Tagen 100.000 Follower*innen generieren konnte – und damit im Wachstum sogar den vielfach ausgezeichneten Kanal der Tagesschau hinter sich lässt. Wie haben sie das geschafft? Durch gute, außergewöhnliche Inhalte, die bewusst mit vorherigen Stilen gebrochen haben und zu der Plattform TikTok und deren Zuschauerinteressen passen.
Evaluiere Dein Geschäftsmodell
Einer der größten Hebel ist gleichzeitig auch mit dem größten Aufwand verbunden: Die Evaluierung des eigenen Geschäftsmodells. Im Zeitalter der Netflixisierung und Aboisierung gewinnen As-a-Service und Subscription-Modelle die Oberhand. Einer der entscheidenden Vorteile bei Abo-Modellen für Händler*innen: die Reaktivierung von Bestandskund*innen entfällt. Kund*innen profitieren wiederum von der Flexibilität und der in großen Teilen geringeren finanziellen Belastung. Gleichzeitig eignet sich nicht jedes Produkt für ein Abomodell. Wenn sich das Produkt z. B. an eine Zielgruppe mit einem zeitlich befristeten Interesse richtet, wird die Akquise dennoch zu einem dauerhaften Thema und ein Abo-Modell ist nur bedingt sinnvoll. Eine genaue Markt- und Geschäftsmodellanalyse kann dabei helfen, sein eigenes Geschäftsmodell entsprechend zu optimieren – und so Wachstum vorantreiben. Ein Paradebeispiel ist das Start-up Everdrop, das mit seinem Subscription-Modell und zunehmender Produktdiversifikation das Wachstum kontinuierlich steigert.
Von Karo Junker de Neui
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