Christian Wegner, Founder von momox und Gründer & Geschäftsführer von wisemarkt, wird oft auch als der Secondhand König bezeichnet. Kein anderer prägt die deutsche Recommerce Branche so wie er. Auf der K5 X gab er der K5 Redaktion exklusiv ein Interview und gab seine Einschätzungen und Gedanken zur Secondhand-Branche sowie zum Thema Nachhaltigkeit ab.
Woher kommt die Leidenschaft für Nachhaltigkeit und bei Dir speziell für Recommerce?
Das ist bei mir eher historisch gewachsen. Also ich habe die Firma (momox) nicht wegen der Nachhaltigkeit gegründet, die gab es 2003 noch nicht, oder nur im Untergrund. Ich hab die Firma gegründet, weil ich Geld verdienen wollte, ganz banal. Da habe ich einen Weg gefunden, gebrauchte Sachen günstig zu kaufen und weiter zu verkaufen. Das war so im Internet nichts großartig besonderes, aber man konnte damit Geld verdienen. Dann ist mir über die Jahre hinweg irgendwann klar geworden, ich kann auch Sextoys und Waffen verkaufen – das wäre dann nicht so cool. Dann habe ich mich im Laufe der Zeit so in das Thema verliebt. Ich mache das nicht nur ausschließlich wegen der Nachhaltigkeit, sonst würde ich einen Verein gründen oder in die Politik gehen. Es ist also die Mischung aus Business und Nachhaltigkeit.
Aber der Hauptgrund ist nicht mehr nur das Geldverdienen?
Nee, jetzt ist es schon ein bisschen mehr als die Hälfte Idealismus.
Welches Problem hat die Nachhaltigkeit im Onlinehandel momentan? Woran scheitert es?
Es scheitert, glaube ich, daran, dass es noch nicht geschafft wurde, nachhaltige Produkte preiswert und sexy zu machen. Es gibt eine Bubble, die fährt auf Nachhaltigkeit und Secondhand ab – aber da steht es 80/20. 20% der Bevölkerung findet es toll, aber die große Mehrheit geht halt doch zu Shein, weil es da ein Top für 3€ gibt und kauft das dann. Die denken sich dann zwar vielleicht: „Mensch ist ja doof, aber ist halt günstig und sieht gut aus“. Ich glaube es gibt nicht genug Angebote, die preislich und vom Coolness-Faktor mithalten können. Am Ende wird dann nur die Politik eingreifen können, wenn man wirklich was erreichen will. Firmen alleine werden das nicht schaffen – weil immer wenn eine nachhaltige Firma kommt, eine auf der anderen Seite hinterher schießt, die nicht nachhaltig ist.
Was würdest Du Dir denn von der Politik wünschen, um das voran zu bringen?
Die Bilder geistern ja ständig herum, mit den LKW’s voller Klamotten, wo jede Sekunde ein LKW auf der Müllhalde landet. Und da muss letztendlich, auch wenn es immer blöd ist für die Politik einzugreifen, dann wirklich eingeschritten werden. Wie das genau aussehen soll, kann ich nicht sagen. Ich bin ja auch kein Politiker. Irgendwie muss man da ansetzen, dass das nicht mehr passiert.
Aber Du siehst den Ansatz beim Müllproblem? Man könnte ja beispielsweise auch beim Warenversand ansetzen.
Ja, vor allem bei der Fast Fashion und Fast Deko. Das ist ein riesen Problem. Sachen die super billig hergestellt werden – eine Woche halten – kaputt gehen. Elektronik ist auch so ein Thema. Man kennt das von früher, dass so ein Gerät 30 Jahre gehalten hat. Das gibt es jetzt nicht mehr. Jetzt weiß man schon, wenn man es kauft, dass man in drei vier Jahren ein Neues braucht. Ich glaube, da kann man auch politisch eingreifen, weil es ja nicht daran liegt, dass die Ingenieur*innen es nicht hinkriegen, ein Gerät zu bauen, das lange hält, sondern sie wollen es nicht.
Wo siehst Du Chancen für Neugründungen, wenn es um Nachhaltigkeit geht? Für Gründer mit einer Leidenschaft für Nachhaltigkeit/Recommerce.
Es gibt mehrere Wege: An- und Verkauf ist der klassische. Gerade sind die Mietmodelle wieder am kommen, also Sachen vermieten macht Sinn. Und letztendlich in der Produktentwicklung. Kleidung herstellen, die am Ende mehr als dreimal getragen werden kann, ohne dass sie kaputt geht und dabei nicht sch**ße aussieht und auch nicht zehnmal soviel kostet. Da kann man etwas erreichen.
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Welche nachhaltige Idee oder Unternehmen findest Du momentan richtig gut, bzw. wo glaubst Du, dass es nicht klappt?
Damit habe ich mich noch nicht so beschäftigt, aber ich denke, es scheitert immer, wenn es teuer und kompliziert ist. Oder eines von beiden. Wenn die beiden Sachen gelöst werden, dann kann das, glaube ich, funktionieren. Aber auch da muss man an die breite Masse denken. Bei nachhaltigen Versand- und Verpackungsmodellen kriegt man unter Umständen auch wieder nur diejenigen, die sagen „dann zahl ich eben 3€ mehr Porto, aber dafür ist es nachhaltig“.
Aber wie erreicht man die breite Masse?
Das ist eine gute Frage, das weiß noch keiner so richtig. Aber sicher ist, man muss sie erreichen, denn nur mit denen geht es. Die meisten stürzen sich auf ihre Bubble und denken, dass alle so wie sie denken. Das klappt nicht.
Wo fängt für Dich Greenwashing an? Hast Du da Erfahrungen gemacht?
Es gibt Vor- und Nachteile. Man kann sagen, wenn Zalando so eine durchschaubare Aktion macht, die nachhaltig sein soll – warum wird es dann kaputt gemacht? Es ist zwar blöd, aber immerhin wird etwas gemacht. Es ist ein großer Laden und das hilft, Nachhaltigkeit ins Bewusstsein der breiten Masse zu bringen. Am Ende machen nicht die Firmen die Veränderung, sondern die Konsument*innen, und wenn man die erreichen will, helfen solche Aktionen eben auch.
Ist Unternehmensskalierung mit Nachhaltigkeit vereinbar?
Total! Wenn man nachhaltige Unternehmenskonzepte skaliert ist das gut. Denn wenn ich auf Second Hand setze und möchte, dass irgendwann jeder zweite Artikel Second Hand ist, dann muss massiv skaliert werden, sonst klappt das nicht.
Christian Wegner diskutierte im Nachhaltigkeits-Panel mit den Expertinnen Dörte Kaschdailis, Doris Diebold von hey circle und Anna Alex von planetly auf der K5 FUTURE RETAIL CONFERENCE 2022 über das Thema, wie man den Handel nachhaltiger und umweltbewusster gestalten kann. Du hast das Panel verpasst oder möchtest es Dir noch einmal anschauen? Dann melde Dich im K5 KLUB an!