Wie startet man besser in die Food-Branche? Klassisch offline im Lebensmitteleinzelhandel oder modern mit eigenem Online-Shop? Welche Vor- und Nachteile bringen beide Verkaufsmodelle? Befruchten sie sich sogar gegenseitig? Diesen Fragen wollen wir anhand der aufstrebenden Food-Startups Just Spices und the nu company auf den Grund gehen. 

 

“Lebensmittel online? Das klappt niemals” hieß es lange. Die Pandemie belehrte die Skeptiker eines Besseren. Aktuellen Forschungen zur Folge boomt der E-Commerce in der Food-Branche wie nie zuvor. Eine Abschwächung des Marktes ist auch nach Corona nicht zu erwarten. 

 

 

Online First: Auf dem Bild sind die drei Gründer von Just Spices zu sehen. Die Gründer haben ihre Gewürze erst online verkauft.

© Just Spices

Just Spices: online-first

 

Dass das aber nicht immer so war, weiß wohl kein anderer besser als Florian Falk, einer der drei Gründer von Just Spices. “Die ersten Jahre waren ein richtiger Struggle”, sagt der Co-Founder im ChefTreff Podcast. “Wie viele Scherben wir gefressen haben.” Das Unternehmen wurde 2014 gegründet. Die Gewürzmischungen wurden zunächst ausschließlich online auf der eigenen Website zum Verkauf angeboten. 

 

Mit 1500 Facebook-Freundschaften dachten die drei Gründer, dass Just Spices zum Selbstläufer wird. Der Gedanke ging leider ordentlich in die Hose, sodass sie ihr online-zentriertes Geschäftsmodell noch einmal überarbeiten mussten. Also haben sie die Gewürzmischungen zunächst an Hotels und Restaurants geschickt, womit sie minimal profitabel wurden.

 

REWE gibt Starthilfe

 

Anfänglich lehnten die Supermärkte Just Spices ab, bis REWE auf den Messen dann ganz von selbst auf die Gewürzmarke zukam. Doch auch hier mussten sie erst einige Hürden überwinden, um in die Filialen zu gelangen. Mittlerweile sind die “bunten Dosen mit Gesichtern”, wie die Gewürzmischungen der Marke auch genannt werden, in den Regalen nicht mehr zu übersehen.

 

Der Wunsch, sich online zu etablieren, blieb jedoch. Schließlich schafften sie es dann durch eine Finanzierungsrunde ein digitales B2C-Business aufzubauen. Die Gründer investierten viel ins Online-Marketing. Mittlerweile haben sie einen eigenen Podcast, eine App, einen Blog mit Rezeptideen und erfolgreich laufende Social Media Channels. Der Umsatz erfolgt heute zu mehr als die Hälfte online. 

 

Vom gegenseitigen Nutzen

 

Florian Falk ist davon überzeugt, dass sich die Verkaufskanäle gegenseitig befruchten. Während sie online eine höhere Marge haben, erreichen sie aber in Supermärkten ein größeres Publikum. Der gleichen Auffassung ist auch Christian Fenner, Co-Founder von the nu company. Im ChefTreff Podcast verrät er, dass bei Online-Kampagnen die Verkaufszahlen im stationären Handel steigen. Bei einer neuen Listung im Handel steigt wiederum der Traffic auf der Website.

 

 

Offline First: Auf dem Bild sind die drei Gründer von the nu company zu sehen. Die Founder haben ihre Snacks erst im stationären Handel verkauft.

© the nu company

the nu company – offline first 

 

Die Founder von the nu company gingen das Food-Business anders an. 2016 gegründet, boten sie die selbst hergestellten Schokoriegel zunächst in lokalen Biomärkten und Reformhäusern an. Durch Messen gewannen sie dann auch an überregionaler Popularität. 

Bald kamen sie mit der eigenen Produktion nicht mehr hinterher, weshalb sie die Herstellung schließlich auslagerten. 

 

Doch so einfach, wie das klingt, war es nicht. Die Gründer von the nu company waren auf ca. 40 Messen im Jahr, ungefähr eine pro Woche, berichtet Co-Founder Christian Fenner. Zusätzlich mussten sie eigenständig zu den Bioläden und Drogerien sowie den Supermärkten gehen, um die Produkte auf Testlistungen zu bringen. Während der Biohandel und die Drogerien zentral gesteuert werden, sei es im LEH aber genau das Gegenteil, so Fenner. Hier müsse man in jedem einzelnen Markt vorsprechen, was ein enormer Aufwand für den Vertrieb ist. Mittlerweile haben sie im Vertrieb und Außendienst insgesamt 20 Angestellte und stocken weiter auf.

 

“E-Commerce: Startup im Startup”

 

E-Commerce hatten sie zunächst gar nicht auf dem Schirm. Vor Corona diente der eigene Onlineshop eher als Nebenwerk für Großbestellungen mit dem sie maximal 10-20% Umsatz erzielten. Durch die Pandemie begünstigt, welche ihnen anfangs einen 200%igen Wachstum verschaffte, erzielen sie jetzt durch den Onlineshop die Hälfte des Umsatzes. Um im Online-Handel profitabel zu werden, bräuchten sie aber ein noch größeres Portfolio, so Fenner. Momentan sei the nu company noch ein “E-Commerce Startup im Startup”.

 

Das sollte in naher Zukunft dank einer erfolgreichen Finanzierungsrunde 2020 klappen. Nun sei es an der Zeit den E-Commerce weiter auszubauen. Auch den internationalen Markt wollen sie angehen, diesmal zunächst online. Dadurch wären sie schneller am Kunden, könnten erst eine Community aufbauen und mehr ausprobieren, bevor sie dann mit Fakten in den Retail vor Ort gehen, so Fenner. Auf den stationären Handel wollen sie jedoch zukünftig nicht verzichten, da die Impulskäufe an der Kasse zu langfristigen Kundenbindungen führen kann. 

 

Multichannel: offline-first vs. online-first?

 

Beide Food-Startups sind nun aufstrebende Multichannel Player, die ihren Platz im Regal mit einigen überwundenen Hürden erfolgreich erkämpft haben. Wenn man ihre Geschäftsmodelle “online first” und “offline first” vergleicht, gibt es jeweils Vor- und Nachteile:

 

Online First: Man muss sowohl viel Zeit – verbunden mit dem nötigen Know How – als auch Geld in die Online-Präsenz investieren, um eine große Reichweite zu erzielen. Vielen Startups mangelt es an Kapital und nötigem Wissen. Wenn diese Hürde jedoch überwunden wurde, ist es mit einem großen Online-Publikum leichter in den stationären Handel vorzudringen, da einem die Zahlen und Fakten über Käuferkreis und Umsatz schon durch das Online-Geschäft vorliegen. Online first lässt auch mehr Freiheiten bei der Markenkreierung zu. Die Marge ist ebenfalls höher.

 

Offline First: Meist ist der Prozess, auf Listungen im LEH zu kommen, schwieriger und langwieriger. Einmal geschafft, gibt es ein großes Publikum, von welchem viele auch online kaufen werden. Impulskäufe sorgen zusätzlich für langfristige Kundenbindungen. Die Laufkundschaft ist für viele Unternehmen in der Food-Branche unerlässlich. Profitabilität ist als Startup ohne Finanzierung und mit kleinem Portfolio offline schneller gewährleistet als online. Das erworbene Kapital hilft wiederum das Online-Business aufzubauen. 

 

 

 

Von Verena Lindner und Lena-Maria Stahl

 

 

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