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“Die Food-Branche ist unerschütterlich” – Im Interview mit Ludwig Schirmer von Develey

Katrin Grieser
Katrin Grieser
26. Jul. 2023

Die Develey Senf & Feinkost GmbH ist eine feste Größe im Lebensmittelhandel. Mit traditionsreichen und beliebten Marken wie Develey, Bautz’ner oder Löwensenf hat sich das familiengeführte Unternehmen aus Unterhaching bei München nicht nur zahlreiche Regalmeter in den Supermärkten des Landes, sondern auch eine Top Position im Onlinehandel gesichert. Ludwig Schirmer, Head Of Digital Unit der Develey Senf & Feinkost GmbH, sprach mit uns auf der K5 Konferenz 2023 im Interview über eine Traditionsmarke zwischen Höhen, Tiefen, Kultstatus und digitalem Handel:

Du bist nicht das erste Mal auf der Konferenz, oder?

Nein, ich besuche die Konferenz schon ewig. Für mich ist das DIE Pflichtveranstaltung im E-Commerce, die man einfach besuchen muss. Ich war schon dabei, als die Konferenz noch in München war und seitdem ist das ein fixer Termin, der im Kalender eingetragen wird. Selbst im Corona-Jahr habe ich beim digitalen Food-Panel mitgewirkt.

Wie ist denn Dein Eindruck der diesjährigen Konferenz?

Ich finde es immer super entspannt, die Atmosphäre ist klasse. Mit den Leuten reden, an den Ständen stehen bleiben und sich unterhalten - es ist wirklich, wie Verena Schlüpmann sagt, das Klassentreffen der E-Commerce Branche und diese Branche bleibt sich doch treu. Außerdem ist sich auch die K5 in Zielgruppe, Größe und Konzept treu geblieben, was mich sehr beeindruckt.

Gab es auf der diesjährigen Konferenz ein Highlight für Dich?

Ein Highlight ist für mich immer der Opener, dieses Jahr waren es die 6x3 Thesen. Da bekommt man richtige Bretter serviert, die einen zum Nachdenken und zur Selbstreflektion anregen. Wie stehen wir als Unternehmen dazu, wie ist die Lage auf unserem Markt? Und natürlich das Abgleichen der Thesen mit dem, was die Leute in Gesprächen so erzählen, wo der Puls der Zeit gerade schlägt.

Ein anderes Highlight ist die Kontaktpflege, hier vor Ort sein, sich unterhalten können, der Vibe der ganzen Veranstaltung. Und die Vollverpflegung, die ist auch ein echtes Highlight! [lacht]

Die K5 Konferenz 2023 dreht sich um das Thema Black Ocean. Was war die größte Herausforderung der letzten 12 Monate für Euer Unternehmen und wie seid Ihr damit umgegangen?

Aus Sicht der Food-Branche sind wir als Hersteller natürlich seit drei Jahren in der Dauerkrise. Erst die Restaurantschließungen durch die Pandemie, was wir gerade an unserem Kunden McDonald's gemerkt haben, aber dann gleichzeitig die rasant gestiegene Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel bis hin zu Hamsterkäufen. Dann natürlich seit letztem Jahr die ganzen logistischen Hürden weltweit, das teils monatelange Warten auf Lieferungen. Dann sind wir auch noch Distributeur von Tabasco, was auf dem Seeweg geliefert wird [Anm. d. Red.: Tabasco wird ausschließlich im Süden Louisianas produziert.] und dann auch viele Verzögerungen und leere Regale bedeutet hat.

Spitzen und Dellen haben sich aber so die Waage gehalten, dass wir das Unternehmen durch die erste Krise gut durchmanövriert haben. Aber natürlich hat uns die aktuelle Krise gerade aufgrund der Rohstoffe und gestiegenen Preise besonders getroffen. Für unser Sortiment brauchen wir nunmal viele Rohstoffe in großen Mengen, von Öl bis hin zu Tomatenmark, aber auch bei Verpackungsmaterialien wie Papier und Glas haben sich die Preise stark verändert.

Aber auch für uns als E-Commerce-Händler waren die letzten drei Jahre ja eine Zeit der unfassbaren Beschleunigung. Da bin ich von unserem Team bis heute beeindruckt, dass wir das so gut gestemmt haben. Wir haben ja auch D2C-Shops, in denen die Leute ihren Senf oder ihre Saucen direkt kaufen und das in teilweise erstaunlich großen Mengen. Gerade wenn es um Senf geht, haben einzelne Marken sehr treue Fangemeinden, einige wie Bautz’ner oder Löwensenf sind ja fast schon Kult. Da geht es dann in unseren Markenshops auch darum, dass Kunden ihren Liebling nicht nur regional im Supermarkt bekommen, sondern es zum Weißwurstfrühstück auch in Norddeutschland Develey-Senf geben kann.

Wir haben also in den Corona-Jahren wirklich unfassbare Peaks erlebt. Aktuell hilft es uns sehr, dass wir eigene Senffelder in Deutschland haben und wir so weiter lieferfähig geblieben sind und bleiben, denn 70-80% der in Europa verarbeiteten Senfpflanzen wurden in der Ukraine und Russland angebaut. Trotzdem haben wir beobachtet, dass Leute dann über 20 Gläser ihres Lieblingssenfs bestellen wollten. Also mussten wir die maximale Bestellmenge dann doch auf fünf Stück pro Bestellung deckeln.

Hast Du auf der Konferenz Learnings aus Deiner oder anderen Branchen mitnehmen können?

Für das normale Geschäft eher weniger, die Food-Branche an sich ist ja eine relativ unerschütterliche Konstante. Allerdings bin ich innerlich zerrissen zwischen Food- und E-Commerce-Tech-Branche, auf der einen Seite hat man den 200er Puls und auf der anderen einen Ruhepuls von 30. Und ich stehe dazwischen und versuche doch ein bisschen Change in unser Unternehmen einziehen zu lassen. Allerdings gibt es ja Zahlen dazu, dass 80% der Kunden immer wieder denselben Warenkorb kaufen, gerade bei Commodity-Produkten.

Außerdem sind die Wiederbeschaffungs-Zyklen in unserem Sortiment aufgrund der Warengruppen sehr unterschiedlich. Bei Produkten wie Senf oder auch GrillSaucen sind sie bspw. recht lang. Da gilt es dann also weniger um die Kunden zu werben, sondern die Brand Awareness zu stärken und über lange Zeit immer wieder Markt-Impulse zu setzen, so dass man im Fokus der Verbraucher bleibt. Aber ich freue mich natürlich, wenn ich hier Leute aus derselben Branche treffe und man sich austauschen und gemeinsam ein bisschen weinen kann.

Develey ist eine echte Traditionsmarke im Lebensmittelhandel. Ist da die Sortimentserweiterung ein Thema?

Durchaus, ja. Trendthemen muss man in der Food-Branche einfach aufgreifen. Wir versuchen außerdem über Social Media engen Kontakt zu unserer Community zu halten und fragen regelmäßig nach, ob alles passt oder irgendwas vermisst wird. Aber Foodtrends manifestieren sich natürlich in unserem Sortiment. Wir haben bspw. im Bautz’ner Sortiment Snacksaucen gelauncht. Wir bringen auch grundsätzlich immer wieder Limited Editions auf den Markt, mit denen wir die ‘alte Welt’, also den langatmigen Handel, mit der schnellen D2C-Welt verbinden. Das ist zwar kein Riesengeschäft im Vergleich zum Lebensmitteleinzelhandel, ist aber nah an unserer Community und macht viele Fans unserer Marken glücklich.

Mit unserer Marke für BBQ Saucen, BBQUE, haben wir fünf Sorten im Handel und versuchen immer wieder mit Limited Editions neue Impulse zu setzen und neue Kunden zu gewinnen. Aktuell kooperieren wir dafür mit Slyrs, einer Whiskybrennerei am Schliersee, deren Whisky wir für eine BBQ Sauce verwenden. Und mit Develey haben wir unsere Community vor rund zwei Jahren entscheiden lassen, welche Sauce als nächstes Teil des Sortiments werden soll. Die Community hat sich damals übrigens für eine Knoblauch-Sauce entschieden. Obwohl es in meinen Augen auch natürliche Grenzen gibt. Ein Teil unseres Teams hat von einer Messe in Amsterdam mal eine Mojito-Sauce mitgebracht, die wirklich sehr speziell war.

Worauf muss sich die Food & Delivery Branche in Deinen Augen noch gefasst machen?

Also ich halte die Food-Branche, besonders für uns als Hersteller und im Lebensmitteleinkauf, für ziemlich unerschütterlich. Aber natürlich kann noch viel Potenzial ins Netz abwandern, so dass sich die stationären Anteile weiter in den digitalen Raum verlagern. Es ist schwer, da Konzepte zu entwickeln, die dann auch Geld bringen, gerade an der letzten Meile hapert es noch. Die letzte Meile ist teuer und frisst Margen. Da ist der stationäre Lebensmitteleinzelhandel dann klar im Vorteil. Viel Potenzial steckt in Modellen mit regionalem Ansatz, denke ich. Das Konzept von PicNic mit dem Milchmann-Prinzip finde ich da zum Beispiel sehr spannend. Das ist die Möglichkeit, die Menschen noch weiter für den nachhaltigeren Einkauf und den bewussten Konsum zu sensibilisieren. Diese regionale Komponente und das Aufladen mit Werten wird auf jeden Fall immer wichtiger.

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