Die Gründung eines Unternehmens bedarf Motivation. Nicht selten entsteht diese aus einem Bedürfnis, einem Need oder einer Marktlücke, die von Gründer*innen entdeckt und genutzt wird. Die Entwicklung des Handels, online wie offline, hat gezeigt, dass Needs und Marktlücken in fast jedem Bereich des Lebens zu finden sind, von der Schlafqualität bis hin zur Raumgestaltung. Doch auch abstrakte Aspekte des Lebens können ein Bedürfnis darstellen, das eine Gründung motiviert.
Eine wachsende Zahl an Unternehmen beschäftigt sich daher nicht nur mit den materiellen Bedürfnissen der Menschen, sondern auch mit gesellschaftlichen Problemen und Konflikten. Dieses Sozialunternehmertum, auch Social Entrepreneurship genannt, zielt also nicht ausschließlich auf Profitabilität ab. Im Fokus stehen auch die soziale Motivation. Die Innovation und die Aktion, um des gesellschaftlichen Wandels willen. Das gegründete Unternehmen will mindestens Aufmerksamkeit auf problematische Umstände lenken und hat im besten Fall einen Lösungsansatz in petto.
Da die Bandbreite im Social Entrepreneurship sehr groß ist, bedeutet das allerdings nicht, dass hinter einem Social Business nicht auch ein erfolgreiches Geschäftsmodell stehen kann. Viele Unternehmen mit einem sozialen Ansatz sind inzwischen sogar profitabel. Denn wie zahlreiche Gründungen der letzten 15 Jahre und die folgenden Beispiele zeigen, schließen sich die soziale Motivation und Skalierbarkeit eines Unternehmens nicht aus.
Businessmodell Gesellschaftswandel
Ein Beispiel wäre z.B. das Social Start Up the nu company. Das Leipziger Unternehmen produziert seit 2016 Schoko- und Proteinriegel sowie Shakes, plastikfrei verpackt, aus fairen, gesünderen Zutaten und nachhaltiger Herstellung. the nu company hat außerdem ein Aufforstungsprojekt ins Leben gerufen. Ein gepflanzter Setzling für jedes verkaufte Produkt der Brand. Das Ziel: eine Milliarde gepflanzte Bäume bis 2030. Das Start Up und seine Mission kommen gut an, 2020 konnte der Umsatz auf 7,1 Millionen verdreifacht werden.
Mit einem ähnlichen Ansatz ging der Hamburger Getränkeproduzent Lemonaid bereits 2008 auf den Markt. Die Getränke der Firma werden aus FairTrade-zertifizierten Zutaten hergestellt und in einem Biobetrieb abgefüllt. Die Vision: den fairen Handel unterstützen. Das Unternehmen bereist z.B. die Anbauregionen selbst, um sich ein realistisches Bild machen zu können. Im Jahr 2010 rief das Gründer-Team die Lemonaid & ChariTea e.V. ins Leben. Die Organisation wird durch einen festgelegten Betrag des Lemonaid-Umsatzes unterstützt und fördert lokale Projekte, die ökologische, soziale oder ökonomische Strukturen verbessern wollen.
Auch Eva Neugebauer und Jule Willing schwebte mit der Gründung von Frischepost ein Umdenken in der Lebensmittelbranche vor. Der 2015 in Hamburg gegründete Online-Hofladen will den nachhaltigen Konsum etablieren. Frische Lebensmittel, direkt von den Erzeuger*innen in Elektroautos zu den Kund*innen geliefert. In den regionalen Lagern kommt nur an, was Nutzer*innen der Plattform auch tatsächlich bestellt haben. So wird die Lebensmittelverschwendung drastisch reduziert und bestenfalls ganz verhindert. Zwar fiel für Frischepost mit Beginn der Pandemie der größte Teil des Umsatzes im B2B-Sektor weg, aber der Privatkund*innenumsatz schoss um das siebenfache in die Höhe.
Nicht neu, aber aktuell
Der gesellschaftsoptimierende Ansatz und die soziale Motivation hinter Social Entrepreneurship sind damit also keine Phänomene der Stunde. Nichtsdestotrotz sind sie aktueller denn je.
Immerhin hat sich das öffentliche Bewusstsein für ökologische und soziale Themen massiv vergrößert. Der Diskussion um Konflikte auf gesellschaftlicher oder ökologischer Ebene können sich Unternehmen also nicht mehr entziehen. Denn zur Gewinnung von Kund*innen braucht es heute mitunter mehr als eine geniale USP. Und wie diverse Beispiele zeigen, sind soziale Motivation und Profitabilität eines Unternehmens nicht nur vereinbar. In Kombination können sie sogar entscheidend zum Erfolg einer Gründung beitragen. Damit ist der soziale Aspekt nicht nur zeitgemäß und gesamtgesellschaftlich wünschenswert, sondern unter Umständen auch eine Marktlücke.
Neugierig geworden? Dann erfahre mehr über die vorgestellten Unternehmen:
Von Katrin Grieser