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Der Onlinehandel mit Lebensmittel zählt fraglos zu den größten Gewinner*innen der letzten drei Jahre. Der Umsatz der E-Food-Branche belief sich 2021 allein in Deutschland auf rund 4 Milliarden Euro und hat sich damit im Vergleich zu 2019 mehr als verdoppelt. Immerhin feierte E-Grocery schon lange vor Beginn der Pandemie erste Erfolge.
E-Grocer Knuspr hat seine Wurzeln bspw. im 2014 gegründeten tschechischen Lieferdienst Rohlik. REWE bietet seinen hauseigenen Lieferservice bereits seit 2012 an. Nun haben sich im Laufe der Zeit und spätestens mit Pandemiebeginn auch im Online-Lebensmittelhandel, wie in fast allen Branchen des E-Commerce, verschiedene Geschäftsmodelle entwickelt.
Der Markt ist groß und gut besucht
Die Ansätze der E-Grocer unterscheiden sich dabei zum Teil sehr deutlich. Da wären z.B. Quick Commerce Anbieter, u.a. Flink oder Getir, mit kleineren Sortimenten, aber dafür sehr schneller Lieferung auf der einen Seite. Im Gegensatz dazu stehen Knuspr oder das Schweizer Unternehmen Farmy. Diese führen auch oder sogar ausschließlich regional produzierte Produkte.
Zwar sind auf dem deutschen Markt sicher noch nicht alle Länder und Regionen abgedeckt, doch gerade in urbanen Räumen (2021 wurde die größte Kaufkraft pro Einwohner*in im Stadtkreis München verortet) gilt: die Auswahl an E-Grocern ist groß und beinahe jedes Bedürfnis wird erfüllt. Was im Umkehrschluss bedeutet: Kund*innen haben die Möglichkeit, sich für einen der Mitbewerber zu entscheiden. Was nicht gefällt, muss auch nicht mangels Alternativen akzeptiert werden (Bewohner*innen ländlicher Gegenden mit nur einem Pizzalieferservice wissen, welcher Luxus das ist). Der Markt im Onlinehandel mit Lebensmitteln ist also hart umkämpft und beinahe noch schwerer zu verteidigen.
Neue Herausforderungen brauchen einen neuen Fokus
Denn nach dem Hype, der 2020 den E-Commerce und den Lebensmittelhandel verändert hat, haben die E-Grocer und ihre Modelle nun mit völlig neuen Hürden zu kämpfen. Zwar sind viele der Unternehmen in kürzester Zeit rasant gewachsen. Bei Farmy waren es bspw. durchschnittlich 53% p.a. wie mir Mitgründer und Co-CEO Tobias Schubert in einem Gespräch berichtet hat. Doch mit Profitabilität rühmt sich bis jetzt kaum einer der Online-Lebensmittelhändler. Der Fokus der E-Grocer lag lange auf Wachstum. Das muss sich ändern, so Tobias Schubert. Auch bei Farmy liege das Augenmerk nun nicht mehr auf dem Wachstum, sondern auf der Profitabilität.
Das Jahr 2022 hat den Schweizer E-Food-Player, wie viele seiner Mitbewerber in Europa, auf die Probe gestellt. Der innereuropäischer Krieg, die Wirtschaftskrise und die deutlich spürbare Inflation – diese Faktoren haben auch den Plänen des Farm to Table Lieferservices einen Strich durch die Rechnung gemacht. Im Fall von Farmy reagiert man mit einem neuen Fokus. Der monatliche Kapitalbedarf wurde halbiert, die Neukundengewinnung zurückgestellt. Nun gelte es, so Tobias Schubert, das eigene Produkt zu schärfen und zu perfektionieren. Ein entscheidender Schritt in Richtung Profitabilität – das Ziel für das Jahr 2024.
Geheimrezept Exzellenz
Liegt darin also auch das Geheimnis, um als E-Grocer den digitalen Lebensmittelhandel zu erobern? Auf meine Frage nach einem Erfolgsrezept nennt Tobias mir vor allem die Exzellenz. Die Exzellenz bezieht sich dabei, das betont er, auf die operative Exzellenz ebenso wie auf das perfekte Produkt.
Gerade in der E-Food-Branche muss das Gesamtprodukt vom Service bis hin zur erhaltenen Bestellung stimmen. Aber auch die Integrität, die Prinzipien, das Wie und das Warum müssen überzeugen. “Klasse statt Masse” hat Tobias es im Bezug auf Farmy genannt. Man könnte also auch festhalten, dass eine kurze Lieferzeit alleine nicht reicht. Erst recht nicht, wenn sie nicht einmal eingehalten wird. Schlechte Publicity ist hier also nicht besser als keine Publicity.
Wer also mit E-Grocery den Online-Lebensmittelhandel nachhaltig und langfristig erobern und Kund*innen an sich binden will, muss glänzen – auf allen Ebenen.
Mehr zu Farmy und dem Schweizer E-Food-Markt erfährst Du übrigens in diesem Panel der K5X. Schau doch mal rein!
Von Katrin Grieser