Eva Klein (Eva Klein Consulting) coacht hauptsächlich Frauen, aber auch Männer, damit sie im Job und im Leben an ihr gesetztes Ziel kommen. Doch auch der Weg und die Visualisierung dieses Ziels ist Teil der Reise. Auf der K5X hat sie über die Sichtbarkeit von Frauen in der Businesswelt gesprochen – was vor allem weibliche CEO’s, Gründerinnen und Führungskräfte oft hindert und wie man diese Hindernisse überwindet. Im Interview mit der K5 Redaktion hat Eva Klein diese Themen noch vertieft:

 

 

Was denkst du, sind im Moment die größten Herausforderungen für Frauen beim Gründen eines Unternehmens oder in Führungspositionen allgemein?

 

Das Wichtige ist, es gibt verschiedene Perspektiven auf diese Thematik. Ich kann nur aus meiner als Coach heraus sprechen. Ich wette, es gibt noch viel mehr Hürden und Hindernisse, die man zu überwinden hat – externer Natur. Die innere Hürden ist es, tatsächlich den Mut aufzubringen, das Durchhaltevermögen an den Tag zu legen. Bei dem Durchhaltevermögen greift auch ganz oft ein innerer Saboteur. Die Stimmen, die sagen, „warum machst Du das? Das bringt doch alles nichts“. Dann kommen Absagen, und man muss mit Niederlagen umgehen. Und immer wieder diese Resilienz zu leben, das ist eine Herausforderung. Dazu musst Du innerlich gut aufgestellt sein.

 

 

Wieso ist diese Resilienz bei Frauen ein größeres Problem? Ist sie bei Männern stärker ausgeprägt?

 

Da reicht ein Blick in den Drogeriemarkt. Dort siehst Du, wie viele Produkte braucht die Frau? Männer holen dahingehend übrigens langsam aber sicher auf. Das Wort “brauchen” ist hier in Anführungszeichen zu setzen – natürlich braucht man diese Produkte nicht, aber man wurde vorher in seinem Wesen so lange verunsichert, dass man eben denkt, dass man etwa 40 verschiedene Produkte fürs Haar braucht. Und bei Männern hat man jetzt auch angefangen, sie in ihrer Männlichkeit zu verunsichern und entsprechend nehmen auch hier die Produktangebote zu. Das ist historisch bedingt und kapitalgetrieben.

 

 

Wenn Du in Dich investierst, investierst Du automatisch auch in Dein Business.

Eva Klein

Coach, Eva Klein Consulting

Du sagst, das Grundwissen über diese Zusammenhänge ist da, aber es wird nicht verinnerlicht. Das ist ein Aspekt, den Du coachst. Wer kommt da zu einem Coaching?

 

Es ist sehr gemischt aber es sind gerade Entrepreneur*innen, Solopreneur*innen, Führungskräfte aus Unternehmen und CEO’s. Ich habe auch Männer im Coaching. Es sind immer Menschen, die wirklich viel leisten in ihrem Leben und die wissen, dass Persönlichkeitsentwicklung das größte Returnal-Investment ist. Gerade wenn Du Solopreneur*in bist, hängt alles an Dir. Und wenn Du dann in Dich investierst, investierst Du automatisch auch in Dein Business. Das wissen diejenigen, die ins Coaching kommen. Entsprechend haben sie auch Lust auf Veränderung. Man muss aber wachsen wollen.

 

 

Würdest Du sagen, dass sich Female- und Male-Leadership unterscheidet?

 

Teilweise. Die Herausforderungen sind manchmal die gleichen und manche sind spezifisch. Zum Beispiel, eine 49-Jährige Führungskraft mit jungen Mitarbeiter*innen, die die Dinge anders angehen, die vielleicht direkter sind. Wie gehst Du damit um? Diese Fragen stellen sich beide Geschlechter. Der Umgang mit bestimmten Kommentaren oder mit bestimmten Fakten, der ist natürlich unterschiedlich. Von „ich wurde nicht zu Meeting X eingeladen“ oder „der Kollege wurde befördert, dabei wurde es mir schon zugesagt“, das ist tatsächlich ein bisschen geschlechtsspezifisch, gerade auf Executive-Ebene. Aber von den Führungsfragen her, sind die Fragen ähnlich. Nur im Coachingprozess selbst ist das Arbeiten mit einem Mann und einer Frau ein bisschen unterschiedlich. Wichtig ist auch, was die Klient*innen für Themen haben, wichtig ist dass sie sagen, wo sie stehen und wo sie hin wollen und das dann auch angehen möchten. Was auch immer an Hürden und Hindernissen auftritt, machen wir dann – Stärkung zum Beispiel. Es fängt immer an mit dem Wollen, dann kommt das Entdecken der Hürden, dann kommt das Heilen, das Loslassen und die Neudefinition Deiner Vision – zu verinnerlichen, wie es laufen soll. Das ist essentiell.

 

 

Hast Du allgemeingültige Tipps für mehr Female Empowerment?

 

Alles beginnt mit einem ersten Schritt und was der ist, da gibt es viele Möglichkeiten. Das ist eine Typfragen – nutzt Du lieber soziale Medien, um Dich zu vernetzen, traust Du Dich dort vor die Kamera, gehst Du auf Live-Events wie die K5 und informierst und vernetzt Dich dort – willst Du erst mal noch einen geschützteren Rahmen im Coaching. Man kann auch viele Sachen gleichzeitig starten, nicht zu viele, aber es gibt so viele Möglichkeiten für erste Schritte. Das muss individuell gesehen werden. Coaching ist ein schneller Weg, weil Du beim Coaching all die Hürden überwindest, die Dir für alle weiteren Schritte im Weg stehen. Du kannst während des Coachings schon anfangen, diese Schritte zu gehen und hast immer das Sicherheitsnetz des Coachings. Das tut sehr sehr gut.

 

Eva Klein Consulting

 

 

Wie sieht Deine Idealvorstellung von der Zukunft für Gründer*innen aus?

 

Dass wir gar nicht mehr so ein großes Thema haben, wie viel Prozent gründen, wer ist Frau, wer ist Mann, wer liebt wen? Ich finde es sehr schade, dass wir diesen Fokus haben müssen, um etwas zu verändern. Aber so ist das jetzt gerade einfach. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass das alles selbstverständlich ist – ob Du eine Familie gründest oder nicht – ob Du beides hast oder nicht – ob Du remote arbeitest – ob Du hybrid bist – ob Du Rein-Life bist – ich finde, all das muss egal sein. Die größtmögliche Freiheit für jede*n, in der Gestaltung seines oder ihres eigenen Lebens. Willst Du feste Mitarbeiter*innen – willst Du ab und zu Dienstleistungen einkaufen? Jede*r darf sich diese Fragen selbst beantworten. Es gibt Hammer-Best-Practice-Beispiele, gerade hier auf der K5. Es ist unglaublich beeindruckend, was Menschen, und gerade bei FEMALE in RETAIL, was Frauen auf die Beine stellen. Gleichzeitig sind es tolle Inspirationen und im selben Atemzug hat jeder seinen eigenen Weg. Man kann sich Impulse und Tipps herauspicken und sich dann sein eigenes Ding bauen. Das finde ich wahnsinnig wichtig.

 

 

Worin besteht der Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Sichtbarkeit? Warum gibt es „Frauen in die Sichtbarkeit“ aber nicht für Männer – sind die bereits omnipräsent?

 

Viele Jahrhunderte war es ja so, dass Männer das Geschäftsleben, die Wirtschaft, die Politik dominiert haben. Das heißt, die haben viel mehr Übung darin, sichtbar zu sein. Die haben Männernetzwerke, in denen das alles selbstverständlich ist. Diese Selbstverständlichkeit fehlt für Frauen noch. Gleichzeitig ist es auch super spannend, dass viele Events für Frauen angeboten werden. Es gibt Dienstleistungen von Frauen für Frauen. Dort heißt es aber oft, man soll alles kostenlos machen. Da wird immer noch versucht, Frauen zu klein zu halten. Man schafft Plattformen und gleichzeitig erwartet man, dass Frauen immer noch wahnsinnig viel kostenlos machen. Das ist ein Phänomen, dass durchbrochen werden muss – selbst in der Branche, in der man Frauen in die Sichtbarkeit hilft. 

Das nächste ist, wann war denn Sichtbarkeit für Frauen mal sicher? Evolutionär gesehen war es so, dass Frauen beispielsweise angefangen haben zusammen auf die Toilette zu gehen, weil sie gemerkt haben, wenn sie zusammen sind dann sind sie einem Mann nicht ausgeliefert. Das geht jetzt in die Steinzeit zurück. Frauen waren in der Gruppe geschützt. Unbewusst geben wir uns Sicherheit in der Gruppe. Denkt man das weiter, dann kann man sich diese Unsicherheit auf einer Bühne vor 500 Leuten vorstellen. Diese Unsicherheit ist so tief in der DNA verankert und deshalb ist es wichtig im Tiefencoaching nicht nur kognitiv zum Beispiel Präsentationstechniken zu üben. Manchmal muss auch noch ein kollektives Trauma aus der Familie, aus einer ganzen Kultur, etwas, was im Raum schwebt ausgeräumt werden. Das ist ein bisschen komplexer als nur zu üben. Übung gibt auch Sicherheit aber gleichzeitig, wenn die Angst so groß ist, dann muss man die auch anschauen.

Es gibt viele Frauen, die mit ihren Erfolgen und Fähigkeiten lieber im Hintergrund bleiben, weil sie nicht aufdringlich oder arrogant wirken wollen. Was wäre der erste Schritt, um aus solch einem Denken heraus zu kommen und sich trotzdem wohl dabei zu fühlen?

 

Uns triggern zwei Dinge im Leben – das was der andere hat, was ich gerne hätte und was der andere hat, was ich auch habe, was ich an mir aber nicht mag – wobei ich innerlich keinen Frieden habe. Frauen wurde die Bescheidenheit antrainiert und das Großdenken abtrainiert. Ein Kind will im Spielzeugladen immer das teuerste. Das heißt, wir haben instinktiv einen guten Geschmack und wissen was qualitativ wertig ist. Und dann bekommen sie zur Antwort: „Dafür ist kein Geld da“ oder „Du hast noch zwei Geschwister“. Da kommen dann solche Korrekturen, anstatt zu sagen „Finde ich gut – dream big! Ich hab das Geld jetzt zwar nicht, aber Du machst das schon. Halt fest an dem Traum“ oder „Ganz ehrlich, ich hätte zwar das Geld Dir das zu kaufen aber ich will nicht. Das sehe ich nicht ein. Dafür möchte ich mein Geld nicht ausgeben“. Da würde man das Großdenken ganz lassen. Das trifft auch Männer aber bei uns Frauen ist es intensiver. Man darf auch nicht vergessen, dass Östrogen und Testosteron zwei unterschiedliche Hormonhaushalte sind und dass man zum Pflegen dieses Hormonhaushalts auch bestimmte Rituale im Alltag braucht. Es ist interessant, Frauen haben mittlerweile mehr Testosteron und Männer haben weniger Testosteron. Die hormonelle Verschiebung findet also auch schon statt. Wenn wir unseren jeweiligen Geschlechtern, wie auch immer wir uns definieren, Tribut zollen wollen, dann müssen wir den Hormonhaushalt mehr in den Vordergrund leben, den wir mehr leben wollen – auf unsere Art und Weise. Ein Business zu betreiben heißt viel tun, Action getrieben sein – es ist tendenziell mehr in der männlichen Energie. Da braucht man eine Balance und ich finde es bei den jungen Frauen wunderbar zu sehen, wie fantastisch die das sehr oft hinkriegen. 

Eva Klein ist Speakerin auf der K5 Konferenz 2022

Frauen wurde die Bescheidenheit antrainiert und das Großdenken abtrainiert.

Eva Klein

Coach, Eva Klein Consulting

 

 

Mit welchem Klischee würdest Du gerne brechen?

 

Dass Coaching was für Kaputte ist. Dass Persönlichkeitsentwicklung bedeutet, man ist schwach, schlecht, unfähig. Das ist ein Klischee, das finde ich wahnsinnig bedauerlich. Weil, wir holen uns für alles Hilfe. Das Kollektiv von weiblicher Kraft ist eine wahnsinnige Power.

 

Du möchtest mehr von Eva Klein hören? Dann komm in den kostenlosen K5 KLUB und schau Dir das Video ihrer Masterclass zum Thema “Winning the war for talents. Wenn Mitarbeiter keine Unternehmen sondern Führungskräfte verlassen – was solltest Du dann tun?” an. Und bei der Gelegenheit kannst Du alles nachholen, was Du auf der K5X verpasst hast.

 

Interview: Carolin Fest

 

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