Deutschland und Frankreich sind die größten Handelsmärkte in der EU und zwei der führenden weltweit. Viele Unternehmen versuchen auf dem Weg zur Internationalisierung zuerst sich dort zu etablieren, bevor sie in andere Länder gehen. Für die Skalierung ist das nicht immer von Vorteil. Je größer der Markt ist, desto größer die Konkurrenz und der Wettbewerb. Um die Erfolgschancen zu erhöhen, lohnt es sich also auch die Märkte “im Abseits” anzuschauen und in der Nische zu internationalisieren. 

 

“Look for the best, not for the biggest market”, empfahl Henning Heesen, Co-Founder von salesupply, auf der K5 DIGITAL 2021. Man müsse sich den Markt suchen, der für seine Nische geeignet ist: “If you are the only guy who is selling pet stuff or perfume, you become the market leader.” Händler würden in den vergleichsmäßig kleineren Märkten Norwegen, Finnland, Schweiz und Saudi Arabien höhere Gewinnspannen machen als auf den großen Handelsmärkten. Zudem wären die Preise für Google Ads noch günstiger und die Kundschaft zahlt mehr. 

 

Ebenfalls lohnt es sich nach Henning Heesen einen Blick nach Osteuropa zu werfen. In 12 Jahren wäre der E-Commerce in diesen Ländern in dem Stadium, wie er sich momentan in Deutschland befindet. Das heißt, dass Unternehmen, die jetzt in diese Märkte gehen, in Zukunft die Big Player und Marktführer dieser Länder sein werden. Zudem sind die Länder Rumänien und Bulgarien in der EU, weshalb einige bürokratische und logistische Hürden entfallen. 

 

Im Folgenden wird anhand der Erfolgsgeschichte des Unternehmens GOLDEN SCENT gezeigt, wie Internationalisierung in der Nische laufen kann.

 

 

EIn Screenshot von Der Beauty und Parfum Plattform Golden Scent. Ein E-Commerce Unternehmen in Saudi Arabien.

GOLDEN SCENT – eine Success Story aus Saudi Arabien

 

Ein Unternehmen, das diesen Weg gegangen ist, ist GOLDEN SCENT, eine Shopping Plattform für Parfüm und Kosmetik in Saudi Arabien. Ronny Fröhlich, Co-Founder und COO von GOLDEN SCENT, gab auf der K5 DIGITAL 2021 Einblicke in den arabischen Markt.

 

Als Ronny Fröhlich und sein Mitgründer Malik Al Shehab das Unternehmen 2014 in Dammam gründeten, fehlte in ganz Saudi Arabien ein Startup Ökosystem. Auch der E-Commerce war noch in seinen Anfängen: “E-Commerce was still in its infancy”, so Ronny Fröhlich. Als erstes Beauty E-Commerce Unternehmen war GOLDEN SCENT Pionier in seiner Branche. Fachpersonal war zu jener Zeit auch kaum vorhanden, weshalb die Firma früh angefangen hat, dezentralisiert zu rekrutieren und zu arbeiten. 

 

Eine weitere Herausforderung für GOLDEN SCENT war die bevorzugte Bezahlmethode der Saudis. 2014 zahlten noch 80% der Kund*innen per Cash on Delivery, weshalb das Unternehmen teilweise 4-6 Wochen auf sein Geld warten musste. Gerade für den Anfang stellte es einige Schwierigkeiten dar. Trotz Einführung moderner Zahlmethoden in den vergangenen Jahren gehört Zahlung bei Lieferung mit 30% immer noch zu den beliebtesten Paymentvarianten. 

 

Innerhalb von 12 Monaten vom Webshop zum Mobile 

 

Ebenfalls interessant am Kaufverhalten ist auch, dass 95% der Käufe über das Handy abgeschlossen werden. Die Umstellung der User*innen vom Webshop zur Mobile App erfolgte innerhalb von nur 12 Monaten. Zudem halte sich laut Ronny Fröhlich das Verhältnis von urbanen und ländlichen Käufer*innen im Gleichgewicht. 

 

Mittlerweile hat GOLDEN SCENT über 100 Festangestellte und Büros in Dubai, Riyadh und Dammam. Zu den Investoren gehört unter anderem Saudi Aramco, die derzeit größte Erdölfördergesellschaft der Welt. Neben Saudi Arabien liefert das Unternehmen auch in die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Kuwait und in den Oman. Die Shopping Plattform ist die Nummer 1 in Saudi Arabien mit mehr als 3 Mio. monatlichen Nutzern. 

 

GOLDEN SCENT ist nicht nur eines der ersten E-Commerce Konzerne gewesen, sondern war auch Vorreiter für den Gebrauch von Augmented Reality, damit Kund*innen virtuell Make-up ausprobieren können. Ebenfalls war das Unternehmen das erste im Nahen Osten, was mit Influencer*innen kooperierte. Mittlerweile hat die digitale Parfümerie ein Netzwerk von über 1000 Influencer*innen und Content Creator aufgebaut. Das Influencer Marketing hätte zudem laut Ronny Fröhlich im Nahen Osten früher gestartet als in Deutschland. 

 

 

EIn Screenshot von der Beauty und Kosmetik Plattform Golden Scent. Ein E-Commerce Unternehmen in Saudi Arabien

Die Takeaways für eine erfolgreiche Internationalisierung in der Nische:

Wie so oft heißt es auch hier: Finde eine Nische für Dein Business. Was unterscheidet Dein Geschäftsmodell von anderen? Wenn es zur Frage kommt, auf welchem Markt Du launchen sollst, werfe einen Blick abseits der großen Märkte. Orientiere Dich nicht an der Größe, sondern an Deinen Mitbewerbern. Oft sind auf kleineren Märkten weniger Konkurrenten, weshalb eine Marktdurchdringung schneller gelingen kann. Ein Markt, in dem die E-Commerce Branche noch nicht so weit entwickelt ist, kann zwar gerade für ein Startup einige Hürden und Herausforderungen bedeuten, dafür ist die Wahrscheinlichkeit höher, in naher Zukunft zu den Big Leadern zu gehören. Denn auch in diesen Ländern macht die Digitalisierung keinen Halt. 

 

 

 

 

Von Lena-Maria Stahl

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