Der Angriff des russischen Militärs auf die Ukraine und der darauffolgende Krieg ist für die Bevölkerung katastrophal. Seit Jahrzehnten erkämpfen sich die Ukrainer*innen ihre Freiheit und Demokratie und nähern sich gesellschaftlich immer weiter der westlichen Welt an. Viele Menschen haben die Unterdrückung durch die Sowjetunion bis 1991 erlebt und ihren Zerfall herbeigesehnt und gefeiert. Nun steht das Land und seine Bürger*innen erneut im Zentrum einer Machtdemonstration der russischen Politik. Die Leidtragenden sind die vielen Menschen, die ihre geschichtlich betrachtet noch frische Freiheit wieder verlieren, und flüchten müssen – oder schlimmer, in den kämpferischen Auseinandersetzungen sterben.
Wenn auch zum Glück nicht lebensbedrohlich, so hat der Krieg in der Ukraine doch auch Auswirkungen auf die Menschen in Deutschland und Europa. Auch hier ist die Angst vor einer weitreichenden Eskalation und einer Ausweitung des Konflikts zu spüren. Wirtschaftlich gesehen, hat uns die Krise bereits erreicht. Unternehmer*innen und Gründer*innen im E-Commerce sollten jetzt einige Dinge beachten, wenn sie sich und ihre Mitarbeiter*innen gut durch die schwierige Zeit bringen wollen. Deswegen hat die K5-Redaktion einen kleinen Überblick erstellt, woran jetzt unbedingt gedacht werden muss:
Bröckelnde Lieferketten
Viele LKW-Fahrer*innen kommen aus Osteuropa. In der Politik wird viel von “polnischen Fahrer*innen” gesprochen, doch tatsächlich arbeiten auch viele Ukrainer*innen bei Speditionen in Polen. Der Mangel an LKW-Fahrer*innen wird sich also noch verstärken. Denn viele Ukrainer*innen werden ihren Job nicht mehr ausüben können. Fahrtrouten durch betroffene Länder und der immer größer werdende Mangel an Fahrer*innen kann zu Lieferverzögerungen führen.
Viele Onlineshops weisen deswegen bereits seit längerem auf mögliche Lieferverzögerungen hin. Die Kund*innen sind für solche Hinweise oft dankbar und können ebenfalls besser planen.
Steigende Energie- und Rohstoffpreise
Gerade an den Tankstellen können wir seit Beginn der Kämpfe in der Ukraine praktisch in Echtzeit die Entwicklung der Rohstoffpreise beobachten. Jedoch ist nicht nur Benzin und Diesel betroffen sondern auch Gas, Strom und Heizöl. Unternehmen on- und offline, müssen sich in den kommenden Monaten (momentan noch auf unbestimmte Zeit) auf eine drastische Steigerung ihrer Energiekosten einstellen. Außerdem wirken sich die Preiserhöhungen auch auf die Kaufkraft der Kund*innen aus – diese könnten also sparsamer konsumieren.
Cybersicherheit
Wir leben in einem digitalen Zeitalter, was bedeutet, dass auch Kriege nicht mehr nur in der physischen Welt geführt werden. Hacker-Kollektive wie Anonymous haben bereits Angriffe auf den Kreml gestartet. Auch wenn diese Hacker-Gruppen es wohl eher nicht auf Onlineshops abgesehen haben, rufen solche Ereignisse immer wieder Nachahmer auf den Plan. Diese können sich dann sehr wohl an dem einen oder anderen E-Commerce-Unternehmen versuchen.
Wer also jetzt beim Thema Cybersicherheit noch Schwachstellen auf der eigenen Plattform vermutet, sollte schnell nachbessern. Ein erhöhtes Aufkommen von Phishing-Mails ist bereits zu beobachten.
Kurzfristige steigende Nachfragen
Unternehmen, die sich auf Survival-Ausrüstungen oder Notvorräte spezialisiert haben, können aufgrund der Angriffe in der Ukraine mit einer erhöhten Nachfrage rechnen. Wie schon zu Beginn der Corona-Pandemie legen sich viele Menschen einen Notvorrat an Nahrung und Wasser an oder kaufen sogar Geräte zur alternativen Energiegewinnung. Aber auch bei Produkten des täglichen Bedarfs kann es zu sprunghaften Anstiegen kommen, weshalb es sinnvoll ist, die Lager zu füllen.
Hohe Inflationsrate & Zögerliche Investitionen
Laut Handelsblatt wird die durchschnittliche Inflationsrate in Deutschland in 2022 bei 5% liegen, wobei Expert*innen sich uneinig sind, wie hoch der Spitzenwert ausfallen kann. Einige sprechen von 7%, bei der Tagesschau ist sogar von bis zu 10% die Rede. So wirkt sich der Krieg in der Ukraine ebenfalls auf die Kaufkraft der Endkonsument*innen und die Produktionspreise aus. Außerdem halten sich Unternehmen in Krisenzeiten erfahrungsgemäß mit Investitionen zurück. Wer also als Gründer*in oder Unternehmer*in auf Investitionen hofft oder angewiesen ist könnte es momentan schwer haben und braucht besonders hohe Sicherheiten in der Hinterhand. Für das Jahr 2023 wird eine durchschnittliche Teuerungsrate von 2,6% vorausgesagt, allerdings unter Vorbehalt.
Ukrainische Mitarbeiter*innen
Gerade in der Software- und IT-Branche haben viele Unternehmen Zweigstellen in der Ukraine. Hier braucht es ein schnelles Handeln, um das tägliche Business am Laufen zu halten. Kolleg*innen, die vor dem Krieg aus der Ukraine nach Deutschland fliehen, brauchen besondere Unterstützung. Aber auch für Mitarbeitende, die trotz des Krieges in der Ukraine bleiben, sollten Unternehmen Zeit und Hilfe einplanen. Arbeitgeber*innen müssen sich auf traumatisierte Mitarbeiter*innen einstellen und Möglichkeiten zur psychologischen Betreuung anbieten, vermitteln oder schaffen.
Das Netzwerk Händler helfen Händlern, welches im Zuge der Corona-Pandemie gegründet wurde, hat sich nun auch der Hilfe ukrainischer Geflüchteter angenommen. Bei Job Aid for Ukrainian Refugees, einer Initiative von Marcus Diekmann, finden geflüchtete Ukrainer*innen Jobangebote, um schnell wieder Geld verdienen und ein selbstbestimmtes Leben bestreiten zu können. Arbeitgeber*innen können ihre Stellenangebote schnell und einfach veröffentlichen. Hier lassen sich Jobs aus allen Branchen finden. Nach der Flucht hilft ein Job den Menschen, sich in die neue Umgebung zu integrieren, sie schließen Kontakte und erlangen Unabhängigkeit.
Herausfordernde Zeiten
Insgesamt werden die kommenden Wochen und Monate für alle Teile der Wirtschaft und Gesellschaft alles andere als einfach. Wichtig ist vor allem, bei den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen am Ball zu bleiben und seine Zahlen im Auge zu behalten. Aber auch die Sorgen und Ängste der Mitarbeitenden ernst zu nehmen und dort in den Austausch zu gehen und zu helfen ist entscheidend.
Als kleiner Lichtblick in einer eher düsteren Zeit erweist sich die große Solidarität mit der Ukraine, sowie Hilfs- und Spendenbereitschaft in allen gesellschaftlichen Gruppen, der Welt und auch vieler Unternehmen im E-Commerce.
Von Carolin Fest