Ein guter Kundenservice ist das A und O für die Beziehung zwischen Händler und Kundschaft. “Der Kundenservice wird zum Wettbewerbsvorteil”, ist der Experte Erik Pfannmöller, Co-Founder von Solvemate, der Auffassung. Neben dem klassischen Call Center werden immer häufiger automatisierte Chatbots, welche die Kund*innen beim Shoppen unterstützen sollen, Gang und Gäbe. Die Herausforderung für den Onlinehandel liegt darin, die Käufer*innen schnell, unkompliziert und möglichst individuell bei möglichst geringen Kosten zu beraten.
Doch was genau ist erfolgreicher Kundenservice? Braucht es noch den Menschen hinter der Beratung oder liegt die Zukunft in automatisierten Vorgängen, die dank KI zum persönlichen Kundenerlebnis werden? “Immer mehr Firmen verstehen, dass es wichtig ist, wissen aber noch nicht, wie sie da hinkommen”, meint Erik Pfannmöller. Der Fokus bei den Händlern liegt derzeit auf Qualität und Kostendruck.
Trend: Mobile First in Echtzeit
Der Trend im Kundenservice geht ganz klar Richtung Automatisierung. Chatbots würden zum einen die Kosten gedrückt halten, zum anderen sind sie in der heutigen “On Demand”-Kultur der moderne Weg der Kundenberatung. Die Automatisierung ermöglicht den Kund*innen Hilfe anzufordern, wann und wo immer sie Unterstützung brauchen. Zudem ist diese Art von Anonymisierung vielen der anrufscheuen Generation, Gen Z, lieber.
Ein Kundenservice, der 24/7 zur Verfügung steht und unkompliziert erreichbar ist, ist bei der Kundschaft gefragt. Das heißt, wenn ich um 2 Uhr nachts auf dem Heimweg bin und ich auf dem Mobile eine Frage zu einem Produkt habe (sei es das Shirt aus dem Onlineshop, oder ob mein Fahrticket auch für den Stadtrand gilt), will ich nicht erst eine Mail schreiben oder anrufen müssen, sondern sofort auf meinem Handy durch möglichst wenige Klicks eine Antwort auf meine Fragen haben. Solch einen Service mit realen Personen wäre kaum zu realisieren, ohne dabei die Kosten zu sprengen. Automatisierte Chatbots können hier die kostengünstige und effiziente Lösung im Kundenservice sein.
Das Ende von persönlicher Kundenberatung?
Doch kann KI das wahre Kundenerlebnis wirklich ersetzen? Henning Heesen, Co-Founder von salesupply, ist der Meinung, dass emotionale Kund*innen immer noch am besten mit Menschen zu beraten sind. Eine Maschine könne bei einer Angelegenheit, in der die Käufer*innen zum Beispiel aufgebracht oder wütend sind, nicht die gleiche Leistung erbringen, die persönliche Kundenberater*innen bieten können. Dieser Auffassung ist auch Experte Erik Pfannmöller.
Doch nicht nur Emotionalität spielt bei dem Einsatz von menschlichem oder digitalen Kundenservice eine Rolle. Auch die Altersgruppe und das zu verkaufende Produkt macht einen Unterschied bei der Wahl der Beratung. Umso älter die Kundschaft ist, desto mehr ist der zwischenmenschliche Kontakt erwünscht. Das gleiche gilt auch für Produkte. Umso teurer das Produkt ist, desto lieber hat man die persönliche Beratung. Zudem wird die Beratung von Mensch zu Mensch bei essentiellen Alltagsgegenständen, wie einer Spül- oder Waschmaschinen, bevorzugt.
Um also herauszufinden, welchen Kundenservice man seinem Klientel anbieten will, muss man zunächst auf sein angebotenes Produkt und seine Zielgruppe achten. Spricht man mit eher ein jüngeres, modernes Publikum an, wie zum Beispiel zalando, könnte der Einsatz von Chatbots in der Kundenberatung von Vorteil sein. Wenn man hingegen mit Haushalts- und Elektrogeräten handelt, wie MediaMarkt, ist eine persönliche Beratung unerlässlich.
Personalisierter Kundenservice im E-Commerce dank KI
Die Frage des Kundenservices der Zukunft lautet jedoch nicht entweder menschlich oder digital, sondern wie biete ich jedem einzelnen Customer den ganz individuellen Kundenservice an? Denn auch Customer Care lässt sich wortwörtlich personalisieren. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz kann man Daten über User*innen herausfinden, die bei der Entscheidung helfen, welcher Service angeboten werden soll. Wenn der Kunde zum Beispiel männlich, um die 50 Jahre alt ist und sich in der Technikabteilung des Onlineshops aufhält, wird ihm automatisch als Kundenservice das Call Center empfohlen. Wenn die Kundin um die 20 Jahre alt ist und sich Lippenstifte anschaut, erscheint ein Chatbot, wenn sie Fragen hat.
Mithilfe von Künstlicher Intelligenz, die Daten der Kund*innen sammelt, lässt sich also von vornherein herausfinden, wie sie am besten zu beraten sind. Somit ist sowohl die Kostenersparnis, als auch das positive Kundenerlebnis garantiert.
Video Call – die digitalisierte Fachberatung
Vor allem Corona und die Ladenschließungen haben den Video Call als Modell der Kundenberatung salonfähig gemacht. Beauty Brands, Kosmetikmarken und maßgeschneiderte Produkte haben den Anfang gemacht und Video Chats zur Kundenberatung genutzt. So haben zum Beispiel Douglas und Co. Live Sessions angeboten, in denen Make-up Artists, die normalerweise in den Stores beraten, ihren Zuschauer*innen Produkte empfehlen und wie sie anzuwenden sind. Nach den Experten Erik Pfannmöller und Henning Heesen ist das Potenzial von Video Chats noch reichlich ungenutzt. Der Einsatz von Videoberatung im Kundenservice ist zukunftsweisend, da man sowohl die Emotionen, als auch den Aufwand der Beratung sieht, was zur Kundenbindung beiträgt.
Ist Self Service die moderne Lösung?
Doch nicht nur die personalisierte Beratung ist der Kundenservice der Zukunft. Auch der Self Service wird eine wichtige Rolle spielen. Umso mehr die Kund*innen selbst lösen und regeln können, desto besser wird das Kundenerlebnis. “The best service is no service”, meint Experte Erik Pfannmöller. Je weniger der Kundenservice kontaktiert werden muss, desto besser ist der Service des Händlers im Allgemeinen. Das heißt, sobald die Kund*innen sich gezwungen sehen, Kontakt zum Kundencenter – sei es digital oder analog, aufzunehmen, verschlechtert sich das Kundenerlebnis bereits, da die Kundschaft Zeit und Aufwand investieren muss, um an eine Lösung zu kommen. Je mehr sie selbst lösen können, desto weniger wird es als Problem wahrgenommen.
Der Kundenservice der Zukunft: Wie sieht er aus?
Was ist also der Kundenservice der Zukunft? Der Schlüssel heißt Personalisierung. Es geht nicht darum, sich rein digital oder rein analog aufzustellen, sondern mit Daten der User*innen personalisierte Beratungsangebote zu erstellen. Die können zwischen Chatbots, Call Center oder auch Video Calls variieren. Zudem ist es wichtig, die Kund*innen von Anfang an abzuholen und mit der Brille des Customers zu sehen. Das heißt, sich proaktiv bei den Kund*innen melden und in Erscheinung treten, bevor ein mögliches Problem überhaupt entstanden ist, angefangen mit der Versandbestätigung bis hin zur Produktbewertung bei Erhalt des Artikels.
Ebenfalls zukunftsweisend ist, so viele Vorgänge des Kundenservices so zu automatisieren, so dass die Kund*innen Probleme selbst lösen können und der Aufwand auf Kundenseite zur Problemlösung möglichst gering ausfällt. Der Kundenservice selbst bietet folglich ein echtes Fachgespräch, den man aus dem stationären Fachhandel gewohnt ist. Somit wird der Kundenservice nicht mehr zum eher lästigen Problemlöser, sondern zum Berater mit positiven Kundenerlebnis.
Neugierig geworden? Das ganze Interview von K5 Host Verena Schlüpmann mit Henning Heesen von salesupply und Erik Pfannmöller von Solvemate über den Kundenservice der Zukunft kannst Du Dir in der K5 KLUB Mediathek kostenlos anschauen.
Von Lena-Maria Stahl