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Swantje van Uehm gründete Ende 2015 die Online-Plattform SAVUE. Mit dem Multichannel Unternehmen verkauft sie Naturkosmetik Brands an B2B- & B2C- Kund*innen und sichert sich damit Exklusivrechte europaweit. 2017 folgte dann mit NUI Cosmetics die eigene Marke. Als Kandidatin bei Die Höhle der Löwen schloss sie einen Deal mit Judith Williams ab, die seit 2020 mit an Bord von NUI Cosmetics ist. Seit Beginn ist das Unternehmen profitabel und wächst stetig im Millionenbereich. Für die K5 MGZN Reihe 3 Gründerinnen, 3 Stories gab sie der K5 Redaktion ein exklusives Interview.
Was hatte Dich motiviert, Dein Unternehmen zu gründen?
Als als ich damals in der Naturkosmetik Beauty-Branche als Produkt und Brand Managerin anfing, bekam ich nicht selten verwunderte Reaktionen zu hören. „… so siehst du aber gar nicht aus“. Ich arbeitete zuvor für Firmen wie Chanel im Produkt Management. Also ja, es stimmte, ich sah nicht so aus. Um mich so zu stylen, wie ich mich wohl fühlte, nutzte ich teils selbst noch synthetisches Make-Up. Ein Widerspruch, der mir bewusst war. Aber was war die Alternative?
Ich wollte vegane, natürliche Kosmetik und fand: Blasse Farben, bröselige Cremes, muffige Düfte – Hand aufs Herz: Viele nachhaltige Produkte waren gut gemeint, aber nicht gerade sexy. Einen leuchtenden, roten Lippenstift ohne Karmin? Unmöglich. Nachhaltig und stylisch – das ging nicht. Beauty Boutique ODER Bio-Reformhaus. Es sollte also noch ein paar Jahre dauern, bis ich auf einen veganen und trotzdem knallroten Lippenstift umsteigen würde. Denn: Ich musste ihn erst selbst entwickeln. Geboren war NUI. Seitdem sehen wir es als unsere Mission, der Beauty-Industrie neue Impulse zu liefern. Mit der Vision Naturkosmetik aus dem Staub von gestern zu befreien. Und klare Akzente zu setzen für eine bewusste und nachhaltige Zukunft, in der wir uns besser fühlen und aussehen als jemals zuvor. Die NUI Vision: High-Performance-Naturkosmetik, die unserem Bedürfnis nach Ästhetik zu 100% gerecht wird und dabei clean, vegan und nachhaltig bleibt.
Eine der größten Barrieren auf dem Weg zur Gründung ist oft die Finanzierung. Wieso fällt es vielen Frauen so schwer, an Geldquellen wie Venture Capital zu kommen?
Grundsätzlich werden Frauen mehr Barrieren auf dem Weg zur Gründung gestellt. Frauen werden oftmals bei der Gründung nicht wirklich ernst genommen und ihnen wird keine Risikofreudigkeit zugetraut. Viel zu oft werden Gründerinnen belächelt, ihnen werden in Pitches auch meist Fragen bzgl. potenzieller Hindernisse gestellt, Männer wird mehr Risikofreudigkeit und die Chance auf Erfolg zugeschrieben. Der Zugang ist demnach nicht so einfach wie für männliche Gründer. Ich bin der Meinung: Wenn man an sich und seine Idee glaubt, sollte man auch volles Risiko eingehen. Aber in den letzten Jahren hat sich viel getan und es gibt Frauennetzwerke die sich auf Investitionen in Frauen und deren Ideen spezialisiert haben.
Was waren die größten Herausforderungen seit der Gründung, und was hast Du daraus gelernt?
Gerade in der Gründungsphase war es für mich nicht einfach auf meine eigenen Bedürfnisse außerhalb meines Start ups zu achten. Sich Zeit für sich zu nehmen, zu reflektieren und Kraft zu tanken, kam oftmals viel zu kurz. Und man muss sich bewusst Zeit für die Work-Life-Balance nehmen. Für mich als Führungsperson war es außerdem wichtig, dass auch meinem Team zu zugestehen. Auch hier gibt es Bedürfnisse, die beachtet und gestillt werden müssen. Ich lerne jeden Tag mit großer Begeisterung dazu und bin dankbar, dass mein Team mich darin unterstützt.
Insbesondere zu Beginn der Gründung habe ich auch damit zu kämpfen gehabt, die Stereotypen der Gründer*innen aufzubrechen. Traditionell schreibt man eher Männern einen Hang zu Risikoaffinität zu. In den Köpfen von Banker*innen, auch Freund*innen und Co., herrschten noch alte Stereotype, die wir bewusst angehen und auflösen wollten. Dieser Einstellung bin ich auf meinem Weg mehr als einmal begegnet. Zudem wurde 2015 Female Empowerment noch nicht so groß geschrieben und viele Leute waren überrascht, wenn dann so eine kleine, zierliche Frau wie ich zum Pitch erschienen ist. Wenn ich gemerkt habe, dass ich nicht ernst genommen wurde, dann bin ich hartnäckig geblieben und habe das auch direkt angesprochen: „Ich sehe, Sie trauen mir das nicht zu. Sie können mich alles fragen, ich kenne jedes Detail im Finanzplan. Und wenn Sie die Marktchance nicht erkennen, dann kann ich Ihnen auch nicht helfen.“ Ich glaube, da muss man einfach straight forward sein, um da etwas in den Köpfen zu ändern. Und auch bin ich der Meinung, wenn man an sich und seine Idee glaubt, sollte man auch volles Risiko eingehen.
Insbesondere in den letzten zwei Jahren haben wir große Herausforderungen meistern müssen. Mit dem Wachstum der Firma, stiegen auch die Anforderungen an die Produktion und Supply Chain, jedoch hat Corona starke Auswirkungen auf das Supply-Chain-Management und Lieferantenstrukturen gehabt. Viele Supplies waren verknappt und viele der Prozesse stark verlangsamt. Ich habe gelernt, dass man so viel und so gut wie man nur kann vorausplanen kann, aber es kommt immer anders. Man muss flexibel sein. Ich sage immer: Keine Lösung ist keine Lösung. Wir haben die Zeit der Corona Krise wirklich genutzt, um zu prüfen was wir verändern können, um unsere Vision noch mehr voranzutreiben.
Was zeichnet Dich als Unternehmerin aus?
Beharrlichkeit.
Wie siehst Du die aktuelle Situation für Gründerinnen in Deutschland und wie schätzt Du die Chancen in Zukunft ein – gibt es hier positive Entwicklungen?
Es hat sich in den letzten 2-3 Jahren einiges bewegt, aber es gibt noch so viel Potenzial, dass man ausschöpfen kann. Debatten rund um die Frauenquote, Female Founder Netzwerke und Diskurse in der Öffentlichkeit haben für mehr Aufmerksamkeit gesorgt und auch der Austausch bzw. der Support untereinander ist stärker geworden. Dennoch gibt es viel zu wenige Gründerinnen, obwohl sie das Potenzial haben, die Welt mit ihren tollen Ideen besser zu machen und als Vorbilder zu fungieren. Hier müssen wir alle unser Denken und Verhalten ändern.
Die erste Ausgabe unseres K5 MGZNs mit Gastbeiträgen von Expert*innen wie Dörte Kaschdailis, Jochen Krisch, Stefan Wenzel uvm, sowie Interviews mit Alexander Graf und Dirk Hörig gibt es jetzt auch zum kostenlosen Download:
Was muss sich aus Deiner Sicht ändern, damit mehr Frauen gründen?
Da gibt es viele Ansätze, die in Betracht gezogen werden sollten, damit Frauen mehr bzw. häufiger gründen. Einerseits sind es, wie schon gesagt, die Stereotypen, andererseits müssen Frauen auch ernst genommen werden. Frauen sind einfach bis dato noch unterrepräsentiert, wir brauchen mehr Vorbilder, da sind wir aber – wie ich finde – auf einem guten Weg. Aber auch das Thema Care-Arbeit und am Zugang zu Kapital muss weiter gearbeitet werden.
Frauen wird ja immer vorgeworfen, dass sie weniger gut im Netzwerken sind. Welche Rolle spielt das aus Deiner Sicht?
Netzwerken ist unglaublich wichtig. Gemeinsam kann man sich stärken, wachsen und etwas verändern. Das richtige Netzwerk hilft, wenn man sich Feedback einholen und sich austauschen möchte. Auch aus den Erfahrungen und Fehlern anderer kann man lernen. Das ist unglaublich wichtig und kann viel Arbeit ersparen. Manchmal vergisst man, dass man sich als Gründerin auch mit Themen wie Steuern, Zoll oder Verpackungsrichtlinien auseinandersetzen muss. Wenn man da mal eben zum Hörer greifen kann, ist das Gold wert und erspart einem so viele Fehler. Ich hatte das damals nicht und hätte mir sicherlich viele Kopfschmerzen erspart. Daher helfe ich sehr gerne in Netzwerken und stehe Gründer*innen zur Seite. Ich finde das afrikanische Sprichwort ganz passend: “Wenn Du schnell gehen willst, geh allein. Wenn Du weit gehen willst, musst Du mit anderen zusammen gehen.”
Gibt es einen Glaubenssatz, der Dich über die Jahre hinweg begleitet?
Ausdauer führt zum Erfolg. Es gab viele Hochs und Tiefs, aber man muss einfach an sich glauben. Wer soll es sonst tun? Selbst wenn die Idee noch nicht perfekt ausgereift ist oder es nicht funktioniert, sollte man weitermachen, justieren und nicht aufgeben.
Was würdest Du Gründerinnen als Rat mit auf den Weg geben?
Am wichtigsten sind Leidenschaft, Durchhaltevermögen und man muss zu 180 % hinter seiner Idee stehen und, ganz wichtig, lösungsorientiertes Arbeiten. Denn, keine Lösung ist keine Lösung. Wenn ein Problem aufkommt, sollte der erste Gedanke sein: Wie kann ich das Problem lösen? Den Rest lernt man auf seinem Weg. Die Erfahrungen und Herausforderungen, die auf einen zukommen werden, kann man nicht vorhersehen. Ich kenne niemanden, der gegründet hat, und vorher wirklich wusste, was alles auf ihn zukommt.
Noch mehr spannende Insights und Use Cases von Gründerinnen wie Swantje van Uehm findest Du in den Videos der K5 Konferenz 2022. Alle Aufzeichnungen kannst Du dir auf unserer Streamingplattform K5 KLUB angucken. Schau doch mal rein!